Kaum ein Auto, das bei Ihnen, unseren Lesern, so zuverlässig auf Interesse stößt wie der Dacia Duster. Dabei war das Duster-Rezept stets simpel: Man nehme ein Kompakt-SUV, schmeiße alles raus, was es nicht unbedingt braucht, und sorge für ordentlich Platz sowie brauchbare Offrad-Fähigkeiten. Zum Schluss klebe man ein Preisschild drauf, bei dem sich Käufer erstaunt am Kopf kratzen – fertig ist der rumänische Bestseller. Wobei von Beginn an immer eine technische Verwandtschaft zur Muttermarke Renault herrschte.
Beim neuen Duster sieht das alles ähnlich aus – und doch etwas anders. Natürlich ist er technisch noch immer weitgehend ein Renault. Die CMF-B-Plattform setzt der Konzern sonst für kleinere Autos wie Clio oder Sandero ein. Der Duster streckt sie auf 4,34 Meter.
Optisch kommt der Neue dagegen sichtbar angeschärft daher, hat auch technisch mehr zu bieten. Erstmals gibt es nun eine nennenswerte Anzahl an Assistenten und sogar Hybridantriebe. Ein wenig teurer ist der Neue dabei auch geworden. Ist er das wert?
Cockpit: Einfach, aber nun voll auf der Höhe
Beim Blick auf das Cockpit erinnert man sich am besten einmal dran, wie es noch im ersten Dacia Duster aussah: ziemlich karg. Seitenairbags, Klimaanlage und ESP? Aufpreispflichtig! Versteht sich von selbst, dass wir darüber heute nicht mehr reden müssen.
Das Armaturenbrett sitzt hoch, man kommt sich etwas eingemauert vor. Die Materialien fallen einfach, die Verarbeitung in Ordnung aus – auch wenn manches etwas wackelig wirkt.
Zwei wichtige Features fehlen der Basislinie Essential dann aber doch. Namentlich betrifft das zum einen den mittleren Bildschirm. Er fehlt in der Basis komplett – und das verbaute Bluetooth-Radio existiert dann sozusagen nur als Software, ganz ohne eigene Tasten, muss über den Bediensatelliten hinter dem Lenkrad gesteuert werden. Wir konnten es nicht ausprobieren, finden aber, dass sich das arg unpraktisch anhört.
Zumal das neue Infotainmentsystem durchaus ein begehrenswertes Feature darstellt. Auflösung und Farben des 10-Zoll-Touchscreens (ab Expression) sind auf der Höhe der Zeit, die Bedienung ist simpel. Android Auto und Apple CarPlay funktionieren kabellos. Dabei läuft das ganze System auf einer abgespeckten Form von Android Automotive, für die Dacia weniger Lizenzgebühren zahlen muss.
Die optionale Navigationsfunktion (650 Euro) ist den oberen Linien vorbehalten. Die Routenführung übernimmt eine Anwendung namens "Here WeGo", die im Grunde genau das kann, was Google Maps auch kann – sogar mit ähnlicher Benutzeroberfläche. Insgesamt also eher ein Kann- als ein Muss-Extra. Mit im Navi-Aufpreis enthalten ist das Arkamys-Soundsystem mit sechs statt vier Lautsprechern, das in Ordnung klingt, mehr aber nicht. Audiophile werden wohl nach wie vor zum Nachrüster fahren.
Spürbar verbessert hat Dacia die Sitze. Weich, aber nicht mehr ganz so weich, bieten sie nun mehr Beinauflage und Seitenhalt. Wer das Winterpaket (350 Euro) mit Sitz- und Lenkradheizung dazuordert, bekommt nun auch eine Lordosenstütze für den Fahrer sowie einen höhenverstellbaren Beifahrersitz dazu.
Assistenten: Das gab's noch nie bei den Rumänen
Gemäß dem Credo, sich beim Fahrzeugbau auf das Wichtigste zu beschränken, hatte Dacia beim Vorgänger nur ein Minimum an Assistenzsystemen angeboten. Weil die EU nun eine gewisse Anzahl vorschreibt, muss Dacia mitgehen. Dazu zählen ein Spurhalteassistent, ein Notbremsassistent, eine Verkehrszeichenerkennung und ein Müdigkeitswarner, die allesamt zur Serie zählen. Praktisch: Im „My Safety Perso“-Modus lassen sich alle Assistenten einmal passend konfigurieren, also an- oder ausschalten. Dieser Modus kann über einen Knopf links vom Lenkrad schnell durch zweimaliges Drücken abgerufen werden.
Über den Knopf ganz links lässt sich der "MyPerso"-Modus aktivieren, in dem per Default einzelne Assistenten aktiviert oder deaktiviert werden können.
Kostenpflichtige Assistenz haben die Rumänen im City-Paket (600 Euro) gebündelt, das unter anderem eine Einparkhilfe vorne und seitlich, einen Totwinkelwarner und die „Multiview“-Kamera umfasst. Zum Einsatz kommen wie bei einem 360-Grad-System vier Kameras, die sich aber nur einzeln, ohne die Möglichkeit einer Vogelperspektive, ansehen lassen.
Praktische Sache: Der serienmäßige, manuelle Tempomat und die Verkehrszeichenerkennung arbeiten zusammen. Nach Bestätigung per Taste werden Tempolimits so einfach übernommen. Den Abstand zum Vordermann hält man selbst.
Platzangebot: Im Duster können zwei campen
Das Raumangebot war noch nie ein Problem im Duster – auch die neue Generation bietet keinen Anlass zur Klage. In beiden Reihen ist man vernünftig untergebracht, auch wenn die hinteren Passagiere bis auf eine Lampe und zwei USB-C-Anschlüsse (erst ab Expression) auf Annehmlichkeiten.
Als neue Idee bringt Dacia das "You Clip"-System unter: Einfach gesagt, finden sich im Kofferraum, hinten an der Mittelkonsole und auf dem Armaturenbrett sowie im Beifahrerfußraum Plastiknupsis, an denen eine Reihe von Gadgets aus dem Zubehör fixiert werden können. Das umfasst etwa eine kleine LED-Lampe und einen Becherhalter, die auch miteinander verbunden werden können.
Wie schon im Van Jogger bieten die Rumänen nun auch für den Duster einen Einsatz ("Sleep Pack") an, der den Fond des Duster in ein Bett verwandelt – Staufächer (insgesamt 220 Liter Volumen) und Matratze inklusive. Kosten: 1590 Euro. Auch Verdunkelungsrollos (209 Euro) für die Seitenscheiben und ein großes Heckzelt (560 Euro) sind im Angebot.
Motoren: Der Hyrid kam neu, der Diesel ist weg
Dass der Selbstzünder die Motorenpalette verlassen hat, ist definitiv schade. Denn erstens passte der Diesel gut zum Rumänen und stellte neben dem Benziner eine zweite Allrad-Option dar. Zweitens konnte der Duster so immerhin 1,5 Tonnen an den Haken nehmen.
Der neu eingeführte Hybrid bündelt nun sozusagen gleich zwei Antriebe in einem. Er löst zum einen den Diesel ab und stellt gleichzeitig die nunmehr einzige Option dar, im Duster nicht selbst schalten zu müssen. Das Multi-Mode-Getriebe verfügt über zwei Gänge für den angeschlossenen E-Motor sowie vier für den 1,6-Liter-Sauger. Zwei kleine Achillesfersen: die geringe Anhängelast von lediglich 750 Kilogramm und der Topspeed von nur 160 km/h.
Davon abgesehen ist der Hybrid-Duster keine schlechte Wahl. Im Einzeltest (Auto Bild 36/2024) fuhr er achtbare 5,2 Liter Verbrauch heraus, was nur zwei Zehntelliter über seiner Werksangabe liegt. Innerorts fährt man tatsächlich oft rein elektrisch und merkt über einen leichten Ruck, wenn sich der recht laufruhige, wenn auch oberhalb von Landstraßengeschwindigkeit schnell kraftlos wirkende Vierzylinder zuschaltet.
Der TCe 130 wirkt deutlich agiler – er profitiert spürbar vom Drehmomentboost, den seine Mildhybridunterstützung ihm beschert. Der erste Gang ist nach Duster-Tradition kurz übersetzt, kann so als improvisierte Geländeuntersetzung dienen. Die Allradversion hat der Frontantriebsvariante eine Mehrlenkerhinterachse voraus.
Die günstigste und gleichzeitig flexibelste Art, Duster zu fahren, bleibt der Einstiegsbenziner, der dank zweitem LPG-Tank knapp 1400 Kilometer Reichwei-te schafft. Es gilt also im wahrsten Sinne des Wortes: Der Duster kann es noch weit bringen.
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