Das gleiche ich fast aus. Ob ich deshalb so viel Spaß mit der bayerischen Nacktwaffe habe?
Eine Gemeinsamkeit gibt‘s noch zum BMW M4: Eine meiner beiden Testmaschinen hat neongelbe (oder neongrüne, das liegt wohl im Auge des Betrachters) Farbeffekte, mein Test-M4 war gleich komplett in Neon lackiert. Weniger Neon, weniger Gewicht: 199 kg statt 1,7 Tonnen, also kaum mehr als ein Zehntel des Gewichts mit 165 PS aber fast ein Drittel der Leistung. Da geht richtig was weiter!
Der neue 999-ccm-Motor ist fünf Kilogramm leichter als der alte und eine komplette Neuentwicklung. Genauer gesagt ist das Vierzylinder-Triebwerk der BMW S 1000 RR eine komplette Neuentwicklung, der Motor der R ist von dem der RR abgeleitet. Allerdings wurde die Shift Cam, die variable Nockenwelle, nicht übernommen.
Die Leistungsdaten entsprechen trotzdem denen der Vorgängerin: 165 PS bei 11.000/min. und 114 Nm bei 9250/min. Sie hätten locker mehr Power herausholen können, um damit auf dem Papier Konkurrentinnen wie die Ducati V4 Streetfighter oder die KTM 1290 Super Duke R abzufangen. Aber es geht ihnen nicht um Effekthascherei, sondern um Fahrbarkeit, sagen sie in München. „Mehr bringt man doch sowieso nicht auf die Straße, das regelt alles die Elektronik weg“, kommt auch als Argument.
Kraft von unten heraus
Fakt ist: Die BMW S 1000 R arbeitet mit dem Fahrer zusammen, statt mit ihm zu kämpfen. Sie hat schon relativ weit unten so viel Kraft, dass man auf der Landstraße locker schaltfaul dahingondeln kann, ohne sich zu langweilen, bereits mehr ab 3000/min. liegen immer mindestens 80 Nm an. Die Drehmomentkurve steigt sanft an. Nur bei ca. 7000 Touren macht sie einen kleinen Satz nach oben, das ist da, wo auch der Fahrer innerlich einen Schalter umlegt. Und natürlich macht das oben raus richtig Spaß!
BMW hat den Charakter der S 1000 R geschärft. Auf der einen Seite leichter und supersportlich, auf der anderen Seite haben sie die Gänge 4, 5 und 6 länger übersetzt. Das ist gut für den Verbrauch und für die Ohren/Nerven. Auf längeren Strecken ist es einfach angenehm, dass der Motor jetzt niedriger dreht.
Der optionale Schaltassistent Pro, also der Quickshifter fürs Rauf- und Runterschalten arbeitet tadellos. Man kann sogar runterschalten, wenn man das Gas offen hat. Sei es weil man das Gas schon zum Beschleunigen aufgezogen hat und einfach mehr Drehzahl braucht, oder weil man es schlicht nicht ganz zugedreht hat. Neben einer leichtgängigeren und selbstverstärkenden Anti-Hopping-Kupplung verfügt die neue S 1000 R als Sonderausstattung erstmals über eine Motor-Schleppmoment-Regelung (MSR).
Fahrwerk aus der RR
Rahmen und Schwinge basieren auf der S 1000 RR, der Motor übernimmt im sogenannten Flex Frame eine wesentlich stärkere mittragende Funktion als bisher. Das Ganze ist nicht nur leichter, sondern trägt zwischen den Knien auch weniger auf. Eine noch entspanntere Sitzposition erlaubt jetzt eine verstellbare Lenkerklemmung. Bereits serienmäßig stehen zwei Positionen zur Verfügung: 0 mm / +10 mm nach vorne. Optional werden darüberhinaus 10 mm höhere Lenkerböcke angeboten, die ebenfalls um 0 mm / +10 mm in Fahrtrichtung gedreht werden können.
Die Unterzugschwinge wurde von der S 1000 RR übernommen und das Federbein mit Full Floater Pro Kinematik befindet sich nun deutlich weiter von der Schwingendrehachse und vom Motor entfernt. Dadurch wird ein unerwünschtes Aufheizen durch die Motorabwärme unterbunden.
Teil des Dynamic-Pakets (1350 Euro) ist das semiaktive Fahrwerk namens DDC, das auf Knopfdruck etwas mehr Komfort zulässt, ohne dass merklich an Präzision verloren geht.
Top-Elektronik in Serie
Serienmäßig ist die Sechs-Achsen-Sensorbox samt schrägenlagenabhängiger Traktionskontrolle DTC und ebensolchem ABS. Das ABS hat sogar einen eigenen Regen-Bremsmodus mit flacher verlaufendem Bremsdruckgradient. Die drei Fahrmodi „Rain“, „Road“ und „Dynamic“ sind immer dabei, „Fahrmodi Pro“ kostet extra und bietet neben besonders umfangreichen Einstellmöglichkeiten die MSR und die „Power Wheelie“-Funktion. Außerdem unterstützt der dynamische Bremsassistent DBC (Dynamic Brake Control) den Fahrer zusätzlich bei Notbremsmanövern.
6,5 Zoll großes TFT-Display statt klassischen Instrumenten
Das Display kennen wir ebenfalls von der S 1000 RR. Es zeigt je nach Wunsch unterschiedliche Screens an, vom übersichtlichen Pure-Ride-Screen über eine Anzeige mit Schräglage, Verzögerung und Traktionskontrolle bis zum optionalen M-Display mit Balkenanzeige und Laptimer. Ist über die serienmäßige Bluetooth-Schnittstelle ein Smartphone mit BMW-App verbunden, zeigt es auch Navigationshinweise in Pfeilform an. Bedient wird es wie bei den meisten aktuellen BMWs vom Lenker aus über das Multi-Controller genannte Drehrad und eine Taste.
Große Lichtshow
Die Lichter sind rundum LEDs. Rück- und Bremsleuchten sind wie bei der S 1000 RR in die Blinker integriert. Die vorderen Blinkleuchten sind „versteckt“ an der Gabel angebracht. Gegen Aufpreis gibt es adaptives Kurvenlicht: Zusätzliche LED-Module werden in Kurven dazugeschaltet, um die Fahrbahn besser auszuleuchten.
Unterm Strich
Meine Waage hat heute Früh tatsächlich ein paar Kilogramm mehr angezeigt als noch zu Jahresanfang. Ich fühle mich schon wie ein BMW M4. Wenn das so weitergeht, muss ich mir für die S 1000 R auch noch die Schmiederäder oder sogar die Carbonräder zulegen, das bringt noch mal 3,1 oder 4,8 kg. Dann komme ich aber weit über den Basispreis von 16.990 Euro drüber. Um 3300 oder 5800 Euro. Schade, dass gesundes Essen auch teurer ist.
Warum?
Weil sie ziemlich easy ziemlich schnell fahrbar ist
Weil sie auch gut zu großen Fahrern passt
Warum nicht?
Wer nach Spitzenleistung am Papier geht, soll Ducati fahren
Oder vielleicht ...
... Ducati V4 Streetfighter, KTM 1290 Super Duke R, Aprilia Tuono V4, Triumph Speed Triple 1200 RS
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