Doch er war nie frei von Kritik, vor allem der schwachbrüstige Motor schied die Geister. Nun kommt die neue Generation. Sie heißt jetzt GR86, macht so ziemlich alles besser, bleibt sich aber trotzdem treu. Und ist bei allem Spaß nun der ernsthaftere Sportwagen.
Das Konzept ist simpel: Motor vorn, Antrieb hinten, nicht allzu viel Gewicht, fast gleichmäßige Gewichtsverteilung (53% vorn, 47% hinten). Außerdem: kein Turbolader. Ein Sauger wie in „guten alten Zeiten“. Dabei ist es geblieben, sogar den Motorblock des Vierzylinder-Boxers haben sie im Prinzip übernommen - aber sie haben ihn aufgebohrt. So hat er nun statt 1998 ganze 2387 ccm Hubraum - schließlich kann Hubraum bekanntlich durch nichts ersetzt werden außer durch Hubraum. Kein Turbo also, und das ist ein Segen für die Leistungsentfaltung.
Das führt zu 234 PS statt 200 PS und zu einer dramatischen Steigerung des maximalen Drehmoments von 205 auf 250 Nm. Dieses liegt nun vor allem auch sehr viel früher an, nämlich bereits bei 3700/min. Man möchte es kaum glauben: Früher musste man für die Maximalkraft bis 6600 Touren drehen.
Die D-4S-Einspritzanlage variiert nach wie vor Direkt- und Saugrohreinspritzung je nach Anforderung, wurde aber auf schnellere Reaktion hin optimiert, damit Gasbefehle direkter umgesetzt werden können. Luftansaugtrakt und Kühlsystem wurden überarbeitet, die Benzinpumpe ist neu, ein neuer wassergekühlter Ölkühler wurde verbaut.
Der Rahmen wurde vom Vorgänger übernommen, aber das ganze Auto wurde umfassend versteift. Unter anderem mit einer massiven geschlossenen Ringstruktur auf Höhe der Hinterachse, auch Klebstoff im Unterboden spielt eine große Rolle. Die Torsionsfestigkeit wurde um 50 Prozent gesteigert. Und das Fahrwerk ist neu, auch wenn es bei MacPherson-Federbeinen vorn und Doppelquerlenkern hinten bleibt. An der Hinterachse sitzt nun ein zusätzlicher Stabilisator. Trotz alledem haben sie es geschafft, das Leergewicht sogar um 20 kg zu reduzieren: Der GR86 bringt nun 1275 Kilogramm auf die Waage. Möglich macht das die Verwendung von mehr superleichten Stahlsorten und Aluminium.
Und so fährt er sich
Vom Stand weg besser. Das bessere Drehmoment merkt man praktisch ständig. Auf der Landstraße natürlich noch mehr als auf der Rennstrecke, wo man sowieso schaut, dass man den Motor bei allerbester Laune hält. Was mit dem manuellen Sechsganggetriebe sehr gut funktioniert, wenn man den kurzen Schalthebel (dessen Knauf sich bei den Vorserienfahrzeugen gerne drehte) exakt führt. Schaltet man nachlässig, wird man das Getriebe manchmal als etwas hakelig empfinden.
Der 2,4-Liter-Boxer ist derart elastisch, dass man bei 1000 Touren (was etwa 32 km/h entspricht) Gas geben kann und das Triebwerk ohne jedes Ruckeln oder irgendwelche Unpässlichkeiten beschleunigt. Man kann den Toyota GR86 im Alltag tatsächlich schaltfaul fahren, ohne dass einem die Füße einschlafen. Das hätte man über den alten nicht sagen können. Manchem Tester sind da die Füße sogar trotz Runterschalten eingeschlafen.
Endlich genug Kraft
Turboverwöhnte Zeitgenossen werden den Turboschub vermissen, der logischerweise nicht kommt. Stattdessen entfaltet sich die Leistung herrlich linear. Und sie ist mittlerweile so hoch, dass das auch ins Gewicht fällt, denn der neue GR86 ist in der Lage, auch auf trockener Straße seine Hinterräder über die Traktionsgrenze hinaus zu fordern. Was natürlich auch an den relativ schmalen 215er-Reifen (17 Zoll Serie, 18 Zoll in der gefahrenen Topversion) liegt. Die haben ihren Sinn in der Bestimmung dieser Art Auto: Hier geht es nicht um maximale Traktion, sondern um maximale Action.
Auf der Berg-und-Tal-Rennstrecke im katalonischen Castellolí nahe Barcelona schmierte beim Bergaufbeschleunigen gerne das Heck leicht weg, was das ESP sogar zuließ. Im Track-Modus ist deutlich mehr drin, da ist das ESP auf Pause. Da muss man richtig achtsam sein, weil der Toyota sich da sogar eindrehen kann, wenn man nicht aufpasst. Nichts für Anfänger. Zusätzlich kann man die Systeme auch ganz abschalten, dann gibt es auch keine Traktionskontrolle mehr. Immer hilfreich: das serienmäßige Torsen-Sperrdifferenzial.
Für geübte Hände ist das alles eine reine Freude, denn die Lenkung ist ein Genuss. Zwar leichtgängig, aber von einer Gefühlsechtheit und Präzision, wie man es sich in so einem kleinen Sportler nur wünschen kann. Herrlich, damit um den berühmten Montserrat über die engen Kurvenstraßen zu räubern, dicht an den Leitplanken entlang, ohne die Kurven zu schneiden. Warum? Weil man es kann. Es zeichnet Fahrer und Auto aus, auf diesen schmalen Bahnen eben nicht über die Linien fahren zu müssen. Feine Klinge.
Die neuen Sportsitze tragen mit gutem Seitenhalt ihren Teil bei. Einziges Manko: Der Türgriff drückt hart gegen den Schienbeinkopf, wenn man den Fuß nicht wirklich auf der Aluablage abstellt.
Das Einzige, was für den Rennstreckeneinsatz größer dimensioniert sein dürfte, sind die Bremsen, deren Scheiben vorn 294 mm und hinten 290 mm messen. Bei den Präsentationstestfahrten in Castellolí ließ Toyota immer nur zwei schnelle Runden am Stück zu, um sie nicht zu überlasten.
Zahlen, bitte!
Um noch einmal auf Zahlen zu sprechen zu kommen: Das Höchsttempo erreicht der Toyota nun bei 226 km/h und auch der Standardsprint ist jetzt ehrenwerter als früher: 6,3 Sekunden (mit Sechsgangautomatik 216 km/h bzw. 6,9 Sekunden). Ein immenser Fortschritt, der GT86 brauchte sage und schreibe 7,6 Sekunden! Aber dieser Wert ist ihnen bei Toyota (bzw. in der Sportabteilung Gazoo Racing, dafür steht das GR) ziemlich wurscht, sonst hätten sie das Getriebe so übersetzt, dass man nicht im zweiten Gang bei 96 km/h in den Begrenzer rennt, sondern knapp die 100 erreicht.
Im Begrenzer kann man auch auf der Rennstrecke landen, weil der Motor richtig schön hochdreht. Und wenn’s am schönsten ist, ist halt Schluss mit lustig. Es kündigt sich nicht wirklich an, auch der Drehzahlmesser am Digitalscreen ist mit seinen weißen Stricherlsegmenten eher unauffällig, obwohl er im Trackmodus eine optisch präsentere Darstellung bekommt.
Leiser, aber Sound
Der Motorklang wird weiterhin per Hörrohr in den Innenraum übertragen, das klingt richtig gut. Aber angenehmerweise leiser als früher. Man kann sich praktisch jederzeit mit seinem Beifahrer unterhalten. Theoretisch sogar mit seinen drei Beifahrern, aber wie das halt so ist in einem 4+4-Sitzer …
„Idealmaß“ im Kofferraum
Weil wir gerade beim Platzangebot waren: Der Kofferraum ist mit 226 Liter nicht gerade riesig, aber die Kriterien sind hier andere: Wenn man die Rücksitzlehne umklappt, gehen sich vier Räder für einen Trackday aus.
Design-Evolution
Das Design des Toyota GR86 wurde nicht komplett neu erfunden, sondern weiterentwickelt. Gut so. Natürlich gibt es jetzt LED-Scheinwerfer mit einer schönen Tagfahrsignatur. Was man wirklich hervorheben muss: Im Gegensatz zum Toyota GR Supra hat hier alles, was nach Lufteinlass oder einem Aeroelement aussieht, tatsächlich einen Sinn. Kein Fake, sondern ein durch und durch ehrliches Auto.
Die Maße sind fast gleichgeblieben. Das Längenwachstum um 2,5 Zentimeter auf 4,26 m ist die größte Veränderung. Mit 1,31 Meter ist der GR einen Zentimeter flacher als der GT, der Fahrer sitzt nun 5 mm tiefer. Der Radstand wuchs um 5 mm auf 2,575 m. Wichtig: Der Schwerpunkt sank um 16 mm.
Fahrzit
Wenn man ganz ehrlich ist: So hätten wir uns den Toyota 86 (ob GT oder GR) schon von Anfang an gewünscht. Jetzt ist er ein wirklich gelungenes Spaßfahrzeug, ein echter Sportwagen um überschaubares Geld. Solche gibt es nicht allzu viele. Der Mazda MX-5 ist ein solcher, der in eine ähnliche Kategorie fällt und vom Fahrverhalten her auch vergleichbar ist.
Toyota verbindet mit dem GR86 einen Slogan, den man zwar von einer anderen Marke kennt, der hier aber natürlich japanisch geschrieben wird: waku doki. Heißt: Freude am Fahren. Lautmalerisch an den Herzschlag angelehnt, wie gudung gudung.
Es sei nicht unerwähnt, dass es auch wieder das Schwestermodell BRZ von Subaru gibt, allerdings nicht in Europa. Offiziell vorgestellt wird der Toyota GR86 bei uns Anfang Dezember, zu den Händlern kommt er in Österreich im Mai 2022. Preise nennt Toyota noch nicht (der GT86 kostete zuletzt knapp 33.500 Euro). Aber wir gehen davon aus, dass sie sich in einem vernünftigen Rahmen bewegen werden. Das wird man voraussichtlich nicht von jedem Kunden bei jeder Fahrt sagen können. Was man sagen kann: Er wird dabei Spaß haben.
Warum?
Spaßiges Fahrverhalten mit tanzender Hinterachse
Endlich genug Power
Tolle Lenkung
Warum nicht?
Wem eine lustige Hinterachse suspekt ist, der hat hier keine Freude.
Oder vielleicht …
… Mazda MX-5
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