Ihnen gehören knapp zehn Prozent von Mercedes, sie haben Volvo, Lotus und das London Taxi gerettet, Polestar auf den Weg gebracht, Smart umgekrempelt sowie Zeekr und Link&Co nach Europa geschickt: Kaum ein Chinese ist so breit aufgestellt wie Geely.
Und das gilt nicht nur für die Marken, sondern auch für die Motoren. Denn während die vielen Geely-Töchter bei uns alle auf elektrische Vorreiter machen und die Verbrenner mehr oder minder schnell ausmustern, fahren die Chinesen im Rest der Welt sehr viel breiter.
Nicht nur, dass sie im Joint Venture mit Renault als Horse Powertrain zu einem der größten Lieferanten für Benzinmotoren aufsteigen und sogar Mercedes mit neuen Vierzylindern für den nächsten CLA beliefern wollen. Sondern vor allem fluten sie gerade Schwellenländer mit billigen Verbrennern in gängigen Karossen – und haben jetzt mit dem Starray ein schmuckes SUV lanciert, nach dem sich auch mancher deutsche Elektrozauderer mit schmalem Budget die Finger lecken würde.
Geely Starray für unter 20.000 Euro
Denn mit 4,67 Metern noch größer als der VW Tiguan ist die Einstiegsversion in vielen Ländern billiger als bei uns ein T-Cross und startet durch die Bank weg unter 20.000 Euro.
Dafür gibt es einen mit scharfen Strichen gezeichneten Fünfsitzer, der außen mit großem Grill und reichlich LED-Lametta die Sternenstrahlen imitiert, die ihm seinen Namen gegeben haben. Ob man darin jetzt astronomische Muster erkennt oder nur Marketingfloskeln, auf jeden Fall macht der Starray mächtig was her. Und aus mancher Perspektive erinnert er sogar an die aktuellen Cadillac-SUV.
Außerdem zählen am Ende ja doch die inneren Werte. Und die können sich bei 2,78 Metern Radstand allemal sehen lassen. Denn es gibt genügend Platz auf allen Plätzen, die noch markanter beledert sind als bei DS. Und auch der Kofferraum ist mit 650 Litern voll familientauglich.
Ambiente und Ausstattung sind modern und typisch asiatisch – geprägt von großen Displays und viel digitalem Budenzauber. Und schön, dass der Starray auch Fußgänger und Querverkehr in allen Richtungen erkennt. Aber wenn er deshalb nicht gleich permanent piepen würde, dann wäre ich in wirklichen Gefahrensituationen nicht längst völlig abgestumpft.
Ausgerechnet im klassischen Ingenieurswesen leisten sich die Chinesen dagegen keinen Lapsus. Das Fahrwerk ist familientauglich abgestimmt und bügelt auch die tiefen Scharten hinterwäldlerischer Wohnstraßen magenfreundlich aus. Die Lenkung ist hinreichend präzise. Und wenn kein Rennfahrer am Steuer sitzt, haben auch die Bremsen genügend Biss.
Motor: 1,5-Liter-Turbo mit 170 PS
Erst recht, weil der Abtrieb aufs Ankommen ausgelegt ist und nicht den Weg zum Ziel machen will. Die Basisversion mit einem 1,5-Liter-Turbo und runden 170 PS dürfte sich mit dem 1,7-Tonner dabei noch vergleichsweise schwertun. Doch als 2.0 TD – wobei das D leider nicht für einen Diesel steht – hat der mit einer siebenstufigen Doppelkupplungsautomatik verblockte Vierzylinder dann schon 218 PS und 325 Nm und ist entsprechend gut dabei: Von null auf hundert schafft er es in etwas mehr als acht Sekunden, und mit 180 Spitze fährt er zumindest den meisten Elektro-SUV in dieser Klasse mühelos davon.
Auch wenn bei uns gerade nicht alles rund läuft, viele den Gürtel engen schnallen müssen und die Autopreise mit dem fast schon obligatorischen Wechsel von Benzintank zur Batterie davongaloppieren, geht es uns wohl noch zu gut, als dass Geely den Starray wirklich ins Land holen würde. Und trotzdem sollten sie sich in Wolfsburg, Rüsselsheim oder Köln den Wagen mal genau anschauen.
Erstens, weil er ihnen das Geschäft in Südamerika und Asien verderben könnte. Und zweitens, weil sie sich davon abschauen können, wie man bezahlbare, bürgerliche und trotzdem gute Autos baut. Und davon könnten wir in Deutschland schließlich auch ein paar gebrauchen.
Wenn sie bei VW, Opel oder Ford nicht bald liefern, kommt Geely vielleicht doch noch auf die Idee und rüstet den Starray mit einer Batterie einfach zum Plug-in-Hybrid auf. Und schon sieht die Sache mit Europa plötzlich ganz anders aus.
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