Die Präsentation des e-tron GT soll so sehr den Audis Aufbruch in die elektromobile Zukunft markieren, dass der Porsche Taycan, der er unterm Blechkleid ist, in der Kommunikation nicht einmal in Nebensätzen vorkommt. Apropos Kommunikation: Die Audi-Crew (oder sagen wir noch Mannschaft?) heißt nun hochoffiziell „Audianer_innen". Ernsthaft. Da kommt der e-tron GT stimmiger daher.
Auch wenn sie sich in Ingolstadt ein bisschen zu sehr bemühen, seine Weissacher Herkunft nicht beim Namen zu nennen, so haben sie ihrem Vorzeige-Stromer doch mehr eigenen Charakter verliehen als nur in Form der vier Ringe.
Das Design: muskulös, fließend, ganz klar ein böser, starker Audi, bis hin zum Spaceframe-Kühlergrill. Der wirkt allerdings leicht provisorisch, als hätte man unten ein Stück herausgebrochen, für die Sensoren.
Vor allem in Weiß wirkt die Optik besonders „speziell", jedenfalls für „Star Wars"-Fans:
Flach duckt er sich auf die Straße, die Dachlinie (optional Carbon) verläuft flacher als beim A7 Sportback, obwohl im Boden ja die Akkus untergebracht sind. Anders als beim A7 finden wir aber keine Heckklappe, darauf müssen wir zugunsten der Kopffreiheit auf der Rückbank verzichten. Stattdessen klappt nur ein kleiner Deckel auf, der Zugang zum 405 Liter großen Kofferraum ist trotzdem okay und die Lehnen umklappbar. Ein Frunk (zusätzlicher Kofferraum unter der Fronthaube) fasst 81 Liter. Nur auf den ersten Blick elegant ist, dass das untere Drittel der Heckscheibe nur eine Attrappe auf der Kofferraumklappe ist.
Der Fahrerplatz wirkt etwas luftiger als im Porsche, weil die Mittelkonsole nicht so „schwebend" hochgezogen ist. Die Bedienung ist eine Spur klassischer, mit nur einem Zentraldisplay (10,1 Zoll groß) statt deren zwei. Auch ein weiterer Bildschirm vor dem Beifahrerplatz ist nicht erhältlich. Top: Die Klimaanlage wird mit echten Tasten bedient, die eingestellte Temperatur ist immer sichtbar. Statt der Touchfläche auf der Mittelkonsole würden wir uns einen Lautstärkeregler wünschen.
Hinten sitzt man auch mit 1,88 Meter Körpergröße gut.
Weniger Leistung als im Porsche Taycan
Vorerst werden zwei Versionen angeboten, wie im Taycan mit 800-Volt-Netz, 270 kW Gleichstrom-Ladeleistung (fünf Minuten laden für etwa 100 Kilometer Fahrstrecke), 93,4-kWh-Akku, einem PSM-Motor mit Zweigang-Automatik hinten, einem ohne vorn, also Allradantrieb. Der e-tron GT quattro kommt auf eine Peakleistung von 350 kW/476 PS (mit Launch Control 390 kW/530 PS) und 630 Nm, der RS e-tron GT auf 440 kW/598 PS (475 kW/646 PS) und 830 Nm. Respektsabstand auch bei den Fahrleistungen: im Bestfall 4,1 bzw. 3,3 Sekunden für den Sprint auf 100 km/h, Höchsttempo 245 bzw. 250 km/h. Dafür gibt es mit bis zu 487 bzw. 472 km nach WLTP etwas mehr Reichweite. Außerdem ist die Wärmepumpe serienmäßig, was gut ist für die Realreichweite, insbesondere im Winter.
Beim Fahren werden die Unterschiede zum Taycan deutlicher. Der Audi ist eher starke Reiselimousine als Sportler, Gran Turismo eben. Spürbar komfortabler, aber auch weniger prägnant, vor allem in der Lenkung. Die Motor sirren vernehmlich, auf Wunsch tönt eine Art virtueller Klappenauspuff aus den Lautsprechern, mit einem von Audi kreierten Sound.
Die RS-Variante hebt sich vom „quattro" in Sachen Ausstattung ab. So kommt er mit einer serienmäßigen Quersperre an der Hinterachse, Dreikammer-Luftfederung, Bremsscheiben mit Wolframcarbid-Beschichtung und LED-Matrix-Scheinwerfern.
Für beide sind (im Gegensatz zum Zuffenhausener Bruder) ein Carbondach und Laserfernlicht erhältlich, außerdem Allradlenkung und Carbon-Keramik-Bremsscheiben.
Fahrzit
Audi hat es tatsächlich geschafft, dem e-tron GT einen eigenen Charakter zu verpassen, der ihn nicht wie einen preiswerten Ableger des Porsche Taycan wirken lässt. Preiswerter ist er dennoch: Er ist ab Anfang Mai zum Basispreis von 101.400 bzw. 140.400 Euro erhältlich. Der entsprechende kostet 9000 bzw. 17.000 Euro mehr. Dafür bekommt man mehr Leistung, das sportlichere ausgelegte Auto und das, was Audi so gern für sich reklamiert: Vorsprung durch Technik.
Verwandte Nachrichten