VW ID.3: So soll er die Massen elektri(fi)sieren

5 years, 1 month ago - 11. September 2019, Krone Zeitung
VW ID.3: So soll er die Massen elektri(fi)sieren
Wenn der VW Golf - wie in der Werbung immer artikuliert - das Auto ist, dann hat Volkswagen jetzt „das Elektroauto“ präsentiert: Mit dem ID.3, dem ersten Auto auf der neuen Elektro-Plattform MEB, wollen die Wolfsburger alles Schmutzige hinter sich lassen und in eine saubere Zukunft stromern.

CO2-neutral, mit moderner Ausstattung, viel Platz im Innenraum und je nach Bedarf unterschiedlich groß bestellbaren Batterien.

Der größte verfügbare Akku, mit einer Kapazität von 77 kWh, reicht nach WLTP für eine Reichweite von 550 Kilometern. Das Thema Reichweitenangst ist damit erst einmal erledigt. Für Kurzstreckenfahrer wird es einen 45-kWh-Akku geben, der mit 330 Kilometer angegeben wird. Beide kommen etwas später.

Zum Marktstart Mitte 2020 wird allerdings ausschließlich die mittlere Batteriegröße angeboten, die wohl den meisten Käufern reichen wird: Ihre Kapazität liegt bei 58 kWh, die WLTP-Reichweite bei 420 Kilometer. Geladen wird relativ schnell: Bei 100 kW Ladestrom, z.B. an einer Ionity-Säule - fließen in 30 Minuten immerhin 290 Kilometer Reichweite hinein.

Der ID.3 hat einen Motor, der sitzt hinten im Wagen, leistet 150 kW/204 PS und treibt die Hinterräder an. Das gab es lange nicht bei VW.

Klar, dass der ID.3 kein Leichtgewicht sein kann: In der Version bringt er 1719 kg auf die Waage, was mehr ist, als ein Tesla Model 3 mit zwei Motoren, Allradantrieb und maximaler Reichweite wiegt.

„Das Licht ist das Chrom der Zukunft"
Das Design des VW ID.3 ist ziemlich „golfig". Auf Chrom wird verzichtet, weil gestrig (oder bestenfalls gegenwärtig). „Das Licht ist das Chrom der Zukunft", sagt das VW-Marketing. Allerdings braucht Chrom keinen Strom. Sei's drum.

Vom Format her ein Golf Plus, aber viel mehr Platz
Der ID.3 ist mit 4,26 Meter ungefähr so lang wie ein VW Golf, aber der Radstand ist deutlich länger: 2,77 Meter, 13 Zentimeter mehr als beim Golf VII. Von außen fallen die kurzen Karosserieüberhänge auf, im Innenraum das leicht futuristische Design und das teilweise harte Plastik an den Oberflächen. VW verspricht Passat-Platzverhältnisse auf Golf-Grundfläche und spricht von einem „Open Space". Ja, man sitzt luftig, kein Mitteltunnel schränkt den Platz ein. Das Panorama-Glasdach verstärkt den Eindruck optisch und erhöht außerdem die Kopffreiheit. Aber bahnbrechend viel Platz ist dann doch nicht. Da war - etwa auf der Rückbank - der Eindruck im Skoda Kamiq frappierender. Hinter den Insassen ist Platz für klassenübliche 385 Liter Gepäck.

Man sitzt höher, weil die Batterien unter der Kabine untergebracht sind. Das ist auch der Grund, warum der ID.3 mit 1,58 Meter so hoch ist wie ein VW Golf Plus oder ein Golf Sportsvan.

Keine Knöpfe mehr
Die Bedienung ist völlig anders als bei allen anderen VWs. Bis auf Warnblinker und Fensterheber gibt es keine echten Schalter mehr. Sogar am Multifunktionslenkrad sind Touch-Elemente angebracht. Außerdem lässt sich vieles auch mit der „Hallo-ID!"-Sprachsteuerung abrufen.

Es gibt natürlich eine ganze Reihe Assistenzsysteme für den ID.3. Serienmäßig ist die Einparkhilfe mit automatischer Rangierbremsfunktion, die Parkrempler vermeiden soll.

Zwei fixe Ausstattungsvarianten zum Start
Wenn der VW ID.3 im Sommer auf den Markt kommt, wird man nicht lange brauchen, ihn zu konfigurieren, denn es gibt zwei fixe Ausstattungsvarianten. Individualisten können nur die Farbe und wie der Innenraum ausschaut bestimmen.

Der ID.3 1st Plus verfügt über ein Navigationssystem, eine Rückfahrkamera, die automatische Distanzregelung ACC und das schlüssellose Zugangssystem Kessy Advanced. Im Innenraum gibt es Designsitze, eine Mittelkonsole inklusive 2 USB-C-Anschlüssen hinten und Ambientelicht. Außen gehören getönte Scheiben, das Exterieur Style-Paket in Silber, LED-Matrix-Scheinwerfer, Matrix LED-Rückleuchten und 19 Zoll-Alufelgen zum Ausstattungsumfang.

In der Top-Version ID.3 1st Max sind zusätzlich das Augmented-Reality-Head-up-Display, das Soundsystem „Beats", das große Panorama-Glasdach und 20-Zoll-Aluräder an Bord. Hinzu kommen außerdem ein Spurhalteassistent mit Emergency Assist, Spurwechselassistent, Komforttelefonie mit induktivem Laden, Komfortsitze und ein ebener Ladeboden.

Für das gute Gewissen
Bekanntlich sind Elektroautos nicht per se und grundsätzlich umweltfreundlicher als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor, und Klimaretter schon gar nicht. Volkswagen bietet den ID.3 jedoch „bilanziell CO2-neutral" an: „So wird in der Zellfertigung für die Stromspeicher des ID.3 ausschließlich Naturstrom eingesetzt, genau wie in der Komponentenfertigung und anschließend im Karosseriebau, der Lackiererei und der Montage des ID.3 im Werk Zwickau", heißt es vom Hersteller Dennoch anfallende CO2-Emissionen sollen durch Investitionen in Klimaschutzprojekte kompensiert werden.

Nicht teurer als ein vergleichbarer Golf
Zusätzlich zur normalen Garantie gibt es acht Jahre Garantie auf die Batterie, bis 160.000 Kilometer. Als Einstiegspreis für den ID.3 ruft VW rund 30.000 Euro auf - das ist weniger, als ein Golf mit Verbrennungsmotor und 150 PS kostet - und der bekommt nicht 3000 Euro staatliche Förderung.

Genau betrachtet ist der ID.3 für Volkswagen nicht nur „das Elektroauto", sondern soll über kurz oder lang „das Auto" an sich werden. Die große Bühne IAA überlassen die Wolfsburger dem ID.3 - der neue Golf (Generation 8) musste weichen und wird später präsentiert.

Support Ukraine