Am Beginn steht für die meisten Betroffenen ein Urlaub in Italien, beschreibt der Autofahrerklub die Lage. Durch eine Unachtsamkeit sind sie eventuell etwas zu schnell oder in eine verkehrsberuhigte Zone, eine sogenannte ZTL, gefahren. Hätten die Urlauber sofort von dem Verkehrsdelikt erfahren und die Strafe von etwa 70 Euro gleich bezahlen können, wäre der Urlaub zwar etwas teurer geworden - aber die Geschichte hätte hier mit wenig Ärger geendet. „Tatsächlich erfahren unsere Mitglieder jedoch erstmals vom Inkassounternehmen eCollect, dass sie ein Verkehrsdelikt begangen haben. In einem unfreundlich bis drohend formulierten Schreiben fordert eCollect Jahre später den fünffachen Betrag der Strafe, zuzüglich Mahn- und Inkassogebühren sowie Verzugszinsen“, kritisiert ÖAMTC-Juristin Verena Pronebner.
Auf das Schreiben folgen oft aggressive Kontaktversuche: Mitglieder berichten von Einschüchterungen am Telefon und SMS-Flut. In manchen Fällen wurden nicht nur der Fahrzeughalter, sondern auch dessen Familienangehörige mit zahlreichen Anrufen kontaktiert.
Forderungen oft ungerechtfertigt
„Selbstverständlich müssen gerechtfertigte Strafen bezahlt werden“, stellt die Juristin klar. „In den uns geschilderten Fällen geben die Mitglieder jedoch auch an, sich keiner Verkehrsübertretung bewusst zu sein und vorab auch keine allfällige Strafvorschreibung erhalten zu haben.“ Von einer Verkehrsübertretung muss man jedoch rechtlich korrekt über den Behördenweg informiert werden.
„Die Inkassogesellschaft eCollect ist zur Eintreibung einer öffentlich-rechtlichen Strafe nicht befugt“, erklärt die Expertin. „Zudem ist die Forderung oft bereits verjährt - für die Eintreibung gilt eine 360-Tage-Frist ab Feststellung der Übertretung.“ Auch ein Verstoß gegen den Datenschutz und das Telekommunikationsgesetz liegt in den gemeldeten Fällen nahe und wird geprüft.
Die Juristin rät zu folgenden Schritten:
Wichtiger Hintergrund:
Mittlerweile ist in fast allen EU-Staaten die gegenseitige Vollstreckung von Verkehrsstrafen möglich. Aber: Die ausländische Polizei oder Gemeinde muss die österreichische Behörde um Einhebung ersuchen - eine Geltendmachung über Inkassobüros oder Inkassoanwälte ist unzulässig. Zu beachten ist auch, dass Strafe nicht gleich Strafe ist. „Insbesondere Maut- und Parkgebühren sind meist nicht als öffentlich-rechtliche Verkehrsstrafen zu qualifizieren, sondern als zivilrechtliche Forderungen. Und solche können sehr wohl über Inkassobüros oder auch per Anwalt oder Gericht geltend gemacht werden“, erklärt Pronebner. „Aufdringliches Vorgehen und exzessive Mahnspesen sind jedoch auch hier unzulässig.“
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