Geräumig wie ein Golf, preiswert wie ein Polo. So lautet das Versprechen von Volkswagen für den kommenden ID.2. Wobei er so wohl nicht heißen wird. VW hat inzwischen mitgenommen, dass die Kombination ID plus Ziffer sehr synthetisch wirkt. Das passt nicht zu einer Love-Brand, zu der sich VW entwickeln will. Kunden einer Love-Brand zeichnen sich unter anderem dadurch aus, dass viele von ihnen ihrem Auto einen eigenen, richtigen Namen geben – einen ohne Ziffer.
Tatsächlich scheint das zukünftige Basismodell der MEB-Plattform zu alten VW-Tugenden zurückzufinden. Es besitzt klassische Proportionen mit im Käfer-Erbe klar definierten Radhäusern und einen geräumigen Innenraum. Beim riesigen Kofferraum hilft, dass VW den Elektrobaukasten zum MEB Small modifiziert und ihn dabei auf den markentypischen Frontantrieb umgestellt hat, obwohl der an sich nicht so gut zu den drehmomentstarken E-Antrieben passt. Das größere Problem aber: Der sehnlichst erwartete Einstiegs-Elektro-Volkswagen soll als Serienversion erst Ende 2025 debütieren und in Produktion gehen, bis die ersten Autos auf der Straße sind, wird’s 2026.
Abmessungen und Platzverhältnisse
Der ID.2 trägt Polo-Format und damit altbekannte Kleinwagenmaße. Mit 4,05 Metern Außenlänge ist er gut 20 Zentimeter kürzer als ein ID.3. Den VW Polo der aktuell sechsten Generation überragt das Showcar dagegen etwas in Breite (1,81 Meter) und vor allem bei der Höhe (1,53 Meter, acht Zentimeter mehr als beim Polo), der Batterien im Fahrzeugboden wegen. Den Radstand gibt VW mit 2,60 Metern an – das sind rund fünf Zentimeter mehr als beim besagten Kleinwagen-Klassiker.
Im Innenraum des ID.2 geht es daher auch geräumig und luftiger zu. Erwachsene finden selbst hinter den Vordersitzen ausreichend Platz. Im Showcar ist die Rückbank allerdings in Relation zum Boden zu tief montiert, schon die Schenkel Normalwüchsiger finden kaum Auflagefläche, die Knie stehen deutlich höher als die Hüfte. Das soll in der Serienversion besser werden. Der Kofferraum wartet hingegen mit einem für diese Klasse sehr stattlichen Volumen von 490 bis 1.330 Litern auf. Zum Vergleich: Ein nicht gerade kleiner Golf 8 nimmt es mit 381 bis 1.237 Litern auf.
Coole Tricks im ID.2all-Innenraum
Die Wolfsburger haben sich allerlei Besonderheiten für den ID.2all einfallen lassen. Die meisten sind weniger Conept-Car-typische Frivolitäten, sondern handfest und praktisch. Was uns auffiel:
Der Beifahrersitz macht mit nach vorne umgeklappter Lehne Platz für bis zu 2,20 Meter langes Ladegut – das gibt’s auch anderswo. Aber die lange Ladefläche ist eindrucksvoll und praktisch. Unbedingt so in die Serie retten! Der Kofferraum, den kein hinterer E-Motor einschränkt, schafft es sicher in die Massenproduktion. Unter dem doppelten Ladeboden befindet sich kein spärliches Ladekabelfach, sondern eine üppige rechteckige Staubox, in die zum Beispiel drei Getränkekisten von der höheren Sorte passen. Außerdem ist im Kofferraum seitlich hinter einer Klappe eine 220-Volt-Schuko-Steckdose eingelassen, die 1400 Watt abgeben können soll. Darüber sitzt ein Taster für die elektrisch entriegelbare
Anhängerkupplung, 750 kg Anhängelast sollen möglich sein. Wichtiger: Entsprechende Fahrradträger passen so auch an den ID.2, da hat VW vom ID.3 gelernt, der die Kupplung zunächst nicht hatte.
Ein weiteres Staufach mit 50 Litern Volumen gibt es unter der mit einem Griff hochklappbaren Rücksitzbank – es wurde speziell für Ladekabel, Verbandstasche, Warnwesten und das Tire-Mobility-Set ausgelegt, hat aber wohl dennoch wenig Serienchancen. In der Studie versteckt sich hier sogar noch ein abschließbares Tresor-Fach für Laptops, Tablets oder kleine Wertsachen.
Design und Technik-Features
Tatsächlich diente schon das Showcar "ID.2all" als Botschafter für eine neue Designsprache der Marke Volkswagen. Auffälligstes Merkmal neben dem freundlichen Gesicht: das klassische Layout mit breiter C-Säule, die an den ersten Golf erinnert. Als erster VW der Neuzeit darf der ID.2 diese Signatur neu interpretieren und kombiniert es mit einem versteckten Türgriff oben im Fensterdreieck der hinteren Tür, während vorne kräftige Bügel auf zugreifende Hände warten. Die haben wohl die größten Serienchancen, trotz leichter Nachteile für die Windschlüpfigkeit.
Auf klassische Elemente setzt auch die klare Innenraumgestaltung. Vor allem Traditionalisten dürften sich über den haptischen Lautstärkeregler (Drehwalze), den großen Dreh-Drücksteller (wohl eher nicht für die Serie) in der Mittelkonsole für Fahrfunktionen und die separate Klimaregelung mit beleuchteten Tasten freuen. Das Touch-Display fürs Infotainment trägt eine Größe von 12,9 Zoll.
Einfache Bedienung und Instrumente im Golf-I-Stil
Die Bedienung der neuen Infotainment-Generation soll viel übersichtlicher und komplett intuitiv funktionieren. Auf innovative Komfort-Features sollen Kunden dennoch nicht verzichten müssen. Für das Serienmodell des ID.2 wird es den Travel Assist mit teilautonomen Fahrfunktionen geben, ebenso wie IQ.Light-Matrix-LED-Scheinwerfer, 3D-LED-Rücklichter mit LED-Querspange dazwischen, Sitze mit Massagefunktionen oder E-Routenplaner. Optional bringt ein großes Panorama-Glasdach Licht in den Innenraum. Licht tragen auch die Logos an Front und Heck. Mehr zu diesem Thema finden Sie in folgendem Artikel:
Besonderes Augenmerk scheint VW auf die einfachere Lenkradbedienung gelegt zu haben. Die Multifunktionstasten im ID.2 bestehen nur aus je einer Drehwalze und zwei echten Tasten rechts und links. Die wichtigsten Fahrinformationen erhält der Fahrer über den 10,9-Zoll-Tacho oder ein Head-up-Display. Für die Passagiere stehen etliche USB-C-Schnittstellen für die Stromversorgung (45 Watt) bereit. Größere Geräte können an eine voll nutzbare 230-Volt-Schukodose angeschlossen werden. Tolles Detail: Die Display-Anzeigen lassen sich per Drehschalter auch auf klassischen Käfer-Stil oder im Retro-Golf-1-Look abbilden. Gerade letzteres könnte den ID.2 für die Generation Golf besonders sympathisch machen. Mehr dazu lesen Sie in diesem Artikel:
Plattform und Motoren
Der ID.2all wird auf Basis der jüngsten Evolutionsstufe des Modularen E-Antriebsbaukastens (MEB) entwickelt und das erste MEB-Fahrzeug mit Frontantrieb sein. Der Markenvorstand für technische Entwicklung, Kai Grünitz, betont: "Wir nutzen die hohe Flexibilität unseres E-Antriebsbaukastens und werden mit dem sogenannten MEB Entry neue Maßstäbe in Sachen Technologie und Alltagstauglichkeit setzen."
Auf die Möglichkeit, die vergleichsweise kleinen E-Motoren auf die traktionsstärkere und nicht lenkende Hinterachse zu packen, verzichtet VW hier, um mit dem klassischen VW-Layout vor allem im Kofferraum mehr Platz zu schaffen. Einen kleineren Frunk (vorderen Kofferraum) über dem E-Antrieb könnte es für den ID.2 dennoch geben. Ausgeschlossen hingegen ist Allradantrieb. Das gilt auch für die SUV-Version mit dem Arbeitstitel ID.2 X, die gleich wenige Monate nach der Straßenversion im Jahr 2026 anrollen soll. Wie der ID.2 die elektrische Entsprechung für den Polo gibt, wird der ID.2 X quasi der elektrische T-Cross – die Bezeichnung ID.Cross ist aber noch nicht sicher. Mehr dazu im folgenden Artikel:
Mit dem MEB Entry soll eine besonders effiziente Antriebs-, Batterie- und Ladetechnologie in das Modell einziehen. Höchstwahrscheinlich nutzt sie Zellen mit der günstigeren Lithium-Eisenphosphat-Chemie. Für die Einheitszelle kommt aber selbst der ID.2 noch zu früh. Den ID.2 all treiben E-Maschinen (an der Vorderachse) mit 160 oder 190 PS, den GTI eine mit 166 kW / 226 PS an. Damit soll der Sprint aus dem Stand auf Tempo 100 in weniger als sieben Sekunden erledigt sein. Bei 160 km/h ist die Höchstgeschwindigkeit erreicht. Wie auch beim ID.3 wird es für den ID.2 mindestens zwei verschiedene Batteriegrößen zur Auswahl geben. Der größere Akku mit 56 kWh soll dank 125 kW Ladeleistung innerhalb von 20 Minuten von zehn auf 80 Prozent gefüllt sein. Die Reichweite beträgt für dieses Modell nach WLTP-Zyklus etwa 450 Kilometer.
Weitere MEB-Modelle
Der ID.2 ist nur eine von vielen Neuvorstellungen. Bis 2026 will allein die Marke Volkswagen zehn neue E-Modelle auf den Markt bringen. Im Jahr 2023 starteten neben dem neuen ID.3 auch der lange ID.Buzz sowie die Limousine und die Kombiversion ID.7. Spätestens 2026 soll ein elektrisches Kompakt-SUV (ID. Tiguan)auf den Markt kommen. Auch folgt noch ein ID.Golf.
Sogar ein kleines Modell unterhalb von 20.000 Euro ist geplant. Für den ID.1 wäre die Bezeichnung ID.Up denkbar. Noch ist aber nicht ganz klar, wie VW ein so günstiges Fahrzeug darstellen will – wahrscheinlich ist sogar eine Kooperation mit einem anderen Hersteller, um auf ausreichende Stückzahlen in diesem preissensiblen Segment zu kommen. Im Dezember 2023 galt Renault als möglicher Partner – siehe diesen Artikel:
Dass die E-Offensive weiter beschleunigt wird, betont auch VW-CEO Thomas Schäfer: "Wir machen Tempo bei der Transformation, um die E-Mobilität in die Breite zu bringen." Hinzu kommen zahlreiche Modelle der anderen Marken aus dem Konzern, die auf die gleiche Baukasten-Technik setzen. Man kalkuliere in naher Zukunft mit einem E-Auto-Anteil von 80 Prozent für Europa, heißt es im Konzern. Bisher lag dieses Ziel bei 70 Prozent.
Marktstart und Preis
So nah liegt die Zukunft allerdings doch noch nicht. Das Serienmodell des ID.2 soll für den europäischen Markt erst 2025 vorgestellt werden. Immerhin legt man sich trotz Inflation und Teileknappheit schon jetzt auf einen Preis fest. Der Einstieg in den ID.2 soll weiterhin unterhalb von 25.000 Euro möglich sein, lautet das Versprechen.
Fazit
Volkswagen präsentiert mit dem ID.2 ein Elektroauto im Polo-Format und das erste MEB-Modell mit Frontantrieb. Das soll den elektrischen Kleinwagen besonders geräumig machen. Der Einstiegspreis wird laut Volkswagen dennoch unterhalb von 25.000 Euro liegen. Das ist vor allem im Hinblick auf das Erscheinungsjahr günstig: Die Produktion beginnt nicht vor Ende 2025. Das ist gleichzeitig der größte Nachteil des Serien-ID.2 mit der noch unbekannten Modellbezeichnung.
Verwandte Nachrichten