Kira L. (Name geändert) führte in Charkiw, der zweitgrößten Stadt der Ukraine, ein ganz normales Leben: Die zweifache Mutter arbeitete als Neurologin, spezialisiert auf Botox-Anwendungen bei neurologischen Erkrankungen, ging ihren Hobbys Reisen und Sport nach. Doch dann verdichteten sich die Nachrichten eines möglichen Krieges mit Russland.
"Als Nachrichten über einen Angriff Russlands auf die Ukraine auftauchten, habe ich nicht daran geglaubt und sogar viele Freunde und Bekannte beruhigt. Wir leben im 21. Jahrhundert, ich dachte, es ist heutzutage unmöglich, Zivilisten anzugreifen und zu töten, insbesondere in einem Land, mit dem wir seit vielen Jahren befreundet sind und mit dem uns die Geschichte verbindet", erinnert sich die 38-Jährige.
"Am 24. Februar wachte ich um 5 Uhr morgens auf, weil vor meinem Fenster Bomben explodierten und die Fensterscheiben zitterten" - Kira L.
Doch die Medizinerin täuschte sich: "Am 24. Februar wachte ich um 5 Uhr morgens auf, weil vor meinem Fenster Bomben explodierten und die Fensterscheiben zitterten. Sofort riefen uns unsere Bekannten an und teilten uns mit, dass ein Krieg ausgebrochen war. Ich weiß nicht mehr, wie und was ich gepackt habe, aber innerhalb von ein paar Stunden waren wir schon auf dem Weg zu meinen Verwandten in der Vorstadt. Wir hatten noch die Hoffnung, dass sich alles in ein paar Tagen beruhigen würde", so Kira L.
Doch auch hier fielen Bomben, Überschall-Flugzeuge brachten den Boden zum Beben, zerstörten Häuser und Schulen. Die Familie suchte Zuflucht in einem Keller. Doch die Lage besserte sich nicht. "Wir haben keine Verwandten im Ausland und wussten nicht, was wir tun sollten. Auf Instagram las ich schließlich die Anzeige einer österreichischen Familie, die bereit war, eine Familie mit Kindern zu beherbergen – allerdings nur mit Auto, da die Unterkunft am Land und ohne Auto keine Versorgung möglich ist."
"Man hat uns erklärt, dass meine beiden Kinder und ich nicht förderwürdig sind, da wir mit dem eigenen Auto angereist sind" - Kira L.
Kira L. nahm mit der Familie Kontakt auf – und es klappte. Die Ukrainerin kam mit ihrem VW Jetta und ihren Söhnen (fünf und acht Jahre alt) nach Österreich, zog in die Wohnung in Reifnitz (Kärnten): "Wir sind hier absolut sicher. Was für ein Glücksgefühl! Es ist eine nette Stadt, ein schönes Zuhause und freundliche Menschen, die uns auch auf jede erdenkliche Weise helfen", freut sich die Neurologin.
Doch die Freude währte nicht lange: Als Kira L. bei der Abteilung 13 (Gesellschaft und Integration) des Landes Kärnten um Grundsicherung ansuchte, erhielt sie (vorerst) eine Ablehnung: "Man hat uns erklärt, dass meine beiden Kinder und ich nicht förderwürdig sind, da wir mit dem eigenen Auto angereist sind. Ein Auto stellt einen Vermögenswert dar und somit erhält man keine Grundversorgung. Ich habe meinem Mann das Auto weggenommen, nur um eine bessere Chance für mich und die Kinder zu haben. Nun wird uns das zum Verhängnis", wandte sich Kira L. verzweifelt an "Heute".
"Normaler" Pkw für Grundsicherungs-Antrag erlaubt
"Heute"fragte bei der Pressestelle des Landes Kärnten nach – und siehe da:
"Es gab am Freitag eine Sitzung. Bei dieser wurde festgestellt, dass der Besitz eines normalen Pkw kein Hindernis mehr für die Grundsicherung darstellt. Bei einem Luxusauto müssten wir den Fall allerdings prüfen", so Gerd Kurath vom Landespressedienst.
Da Kira L. einen "normalen" Pkw besitzt, steht der Grundsicherung somit nichts mehr im Weg.
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