Der neue Renault Espace: Darum ist er ein Wagnis

11 Monate, 4 Wochen her - 30. März 2023, Krone Zeitung
Der neue Renault Espace: Darum ist er ein Wagnis
Renault trägt sozusagen eine Legende zu Grabe - nur um sie in anderer Form wiederauferstehen zu lassen.

Der Renault Espace, Vater aller europäischen Vans, wechselt in seiner sechsten Generation das Segment. Aus der Asche seiner Vorgänger steigt ein SUV. Immerhin eines mit bis zu sieben Sitzplätzen.

Wie seine Vorgänger in den vergangenen vier Jahrzehnten soll der neue Espace ein ideales Reiseauto sein. Komfortabel. Geräumig. Dazu verspricht Renault edle Ausstattung in Kombination mit Modularität und einem lichtdurchfluteten Innenraum

Kompakter und um 215 Kilogramm leichter als sein Vorgänger soll er sein, der „SUVan“, wie ich mit einem Tropfen Wehmut nennen möchte, aber schon Generation fünf war ja schon nicht mehr das früher so heißgeliebte Raumschiff.

Mehr Platz als der Vorgänger
Dass der Neue immerhin mindestens so viel Platz hat wie der alte, dafür legt die modulare CMF-CD-Plattform der Allianz Renault-Nissan-Mitsubishi die Basis, weil sie eine optimierte Innenraumgestaltung ermöglicht, wie die Franzosen schwärmen. Bei einer Gesamtlänge von 4,72 Metern ist der neue Espace 14 Zentimeter kürzer als sein Vorgänger und 32 Millimeter niedriger, während der Fahrgastraum mit 2,48 Meter bis zur dritten Reihe an Länge hinzugewinnt.

Die Passagiere in der zweiten Reihe nehmen auf einer Sitzbank Platz, die sich um 22 Zentimeter verschieben lässt und in zwei unabhängige Einheiten im Verhältnis 60:40 geteilt ist. Die Kniefreiheit beträgt bis zu 321 Millimeter, die Rückenlehne lässt sich bis zu 31 Grad neigen.

In der aufpreisfreien dritten Sitzreihe für zwei Personen beträgt die Kniefreiheit noch 128 Millimeter. Diese lässt sich erweitern, indem mittels der Easy-Access-Funktion die Sitze in Reihe zwei nach vorne geschoben werden. Zusätzlich kann man die Rückenlehne nach vorne neigen.

Das Kofferraumvolumen kann individuell angepasst werden. Je nach Konfiguration steht folgender Platz zur Verfügung:

  • 1818 Liter im Fünfsitzer mit umgeklappter zweiter Sitzreihe
  • 777 Liter in der fünfsitzigen Version mit ganz nach vorne geschobener zweiter Sitzreihe
  • 159 Liter in der siebensitzigen Ausführung mit eingebauter dritter Sitzreihe

Je nach benötigtem Stauraum lassen sich in der zweiten Sitzreihe einer, zwei oder alle drei Sitze umklappen, sodass eine ebene Ladefläche entsteht.

Auch im Fahrgastraum ist einiges an Stauraum zu finden: Insgesamt stehen 39 Liter zur Verfügung, davon 20 Liter im Bereich von Cockpit und Vordersitzen. Das Handschuhfach fasst sechs Liter. Die Mittelkonsole verzichtet auf Steuerungselemente und bietet stattdessen zwei Ablagefächer: ein Zwei-Liter-Fach unter der verschiebbaren Handauflage und ein 3,6-Liter-Fach unter der Armlehne.

Das optionale Panorama-Glasdach mit den Maßen 1,33 x 0,84 Meter lässt mehr Licht als je zuvor in den Innenraum des neuen Espace. Das Glas ist auf der Innenseite beschichtet, um UV- und Infrarotstrahlen zu filtern sowie Wärme zu reflektieren.

Form Follows Fashion
Es ist eine logische Entscheidung, dass Renault den Espace zum SUV umfunktioniert. SUV sells, van vanishes, oder so. Mächtig steht er da, mit seinem aufrechtstehenden Kühlergrill, der geschwungenen Motorhaube, der langgestreckten, nach hinten sanft abfallenden Dachlinie und dem markanten Dachspoiler. SUV ist nur die Form, außerdem streicht Renault diesbezüglich die Bodenfreiheit von 18 Zentimetern, die breiten Radhäuser sowie die 19 oder 20 Zoll großen Räder hervor. Und natürlich die obligatorische Kunststoffleiste ringsum, die sie etwas übertrieben als Rammschutz bezeichnen.

Das Heck ist steil, weil innen Kopffreiheit generiert werden soll. Die Rückansicht ist geprägt von zwei dezenten Chromleisten und dem über die gesamte Fahrzeugbreite verlaufenden, durch das Markenemblem voneinander getrennten Heckleuchtenband, das jetzt so ziemlich alle Renaults bekommen. Nett anzuschauen sind die Rückleuchten mit ihrem Mikrooptik-3D-Effekt.

Der Antrieb: Ein Vollhybrid-Dreizylinder
Beim Antrieb hat Renault eine ungewöhnliche Entscheidung getroffen: Der „E-Tech Full Hybrid 200“ ist ein Vollhybrid, der auf einem 1,2-Liter-Dreizylinder-Benziner basiert. Gewagt, aber angeblich sparsam: Die Rede ist von 4,7 l/100 Km. Wie nah das in der Realität ist, wird sich erst zeigen müssen, denn angesichts nur 199 PS Systemleistung ist zu erwarten, dass man einen aktiven Gasfuß braucht, um die mächtige Fuhre zügig zu bewegen.

Der Benziner liefert 131 PS und 205 Nm liefert. Unterstützt wird er von zwei Elektromotoren: dem Hauptaggregat mit 50 kW/68 PS, das ebenfalls 205 Nm Drehmoment mobilisiert, dem Antrieb dient und von einem 2-kWh/400-Volt-Lithium-Ionen-Akku gespeist wird, sowie dem Hochvolt-Startergenerator mit 18 kW/25 PS (50 Nm) zum Anlassen des Verbrennungsmotors und zum Wechsel der Fahrstufen. Auf eine Kupplung wird im Multi-Mode-Getriebe verzichtet. Inklusive Leerlauf erlaubt das System insgesamt 15 Fahrstufen- und Antriebskombinationen.

Mit Lenkradpaddles lassen sich Rekuperationsstufen abrufen, auch die Fußbremse steuert zunächst die Rekuperation an. Dank der Energierückgewinnung sollen im Stadtverkehr bis zu 80 Prozent der Wege rein elektrisch zurückgelegt werden können.

Die CMF-CD-Plattform bringt bis zu 32 Fahrassistenzsysteme mit, auch eine Allradlenkung. AllradANTRIEB wird nicht angeboten.

Navitainment basiert auf Google
Wie Austral & Co hat der Espace ein Google-basierendes Navitainment. Das OpenR-Cockpit mit zwei rund zwölf Zoll großen, in Form eines liegenden „L“ angeordneten Screens ist Serie, das Head-up-Display ist optional.

Die Ambientebeleuchtung an Türen und Armaturentafel kann in 48 unterschiedlichen Farben eingestellt werden. Ein Automatikmodus ermöglicht die Farbanpassung im 30-Minuten-Takt und abgestimmt auf die innere Uhr und die Tageszeit. Für Entertainment sorgen Features vom Harman-Kardon-Surround-System bis zum interaktiven Musikquiz, das große und kleine Mitfahrer auf ihren Mobiltelefonen spielen.

Es gibt mehrere Ausstattungslinien, darunter eine sportlich angehauchte namens Esprit Alpine.

Der neue Renault Espace ist ein Wagnis. Zwar gehören SUVs noch immer einem boomenden Segment an, aber ob Renault das Siebensitzer-Konzept glaubhaft vom Van transferieren kann? Besonders gewagt ist aber der Dreizylinder-Hybrid mit dem Multi-Mode-Getriebe, das im Austral nicht überzeugen konnte. Ob das Konzept aufgeht, wird sich zeigen. Bestellstart ist im Sommer 2023.

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