So fährt das kleine Elektroauto für Schnäppchenjäger

1 month, 2 weeks ago - 03. October 2024, autobild
So fährt das kleine Elektroauto für Schnäppchenjäger
Der Leapmotor T03 will zum ersten vollwertigen E-Auto unter 20.000 Euro werden. Ob der China-Kleinwagen aus dem Stellantis-Konzern das Zeug dazu hat, zeigt der erste Fahrbericht.

Wer sagt denn, dass Elektroautos nicht erschwinglich sein können? Während sich die Europäer damit noch so schwertun, dass Smart bereits aufgegeben und sein Heil im Aufstieg gesucht hat, zeigen uns die Chinesen – mal wieder – wie es geht.

Erst bauen sie für Dacia den mit 16.900 Euro konkurrenzlos billigen Spring, und jetzt schieben sie im gleichen Format, aber mit viel größerem Akku und viel mehr Ausstattung für kaum mehr Geld den Leapmotor T03 hinterher. Der steht noch in diesem Herbst zu Preisen ab 18.900 Euro bei rund 40 Händlern im Land und will zum ersten elektrischen Stadtflitzer ohne Kompromisse werden.

Platz im Fond reicht in der Theorie auch mal für drei Erwachsene
Dafür gibt es einen Fünftürer, der unter den ganz kleinen ein überraschend großer ist. Denn bei 3,60 Metern Länge und 2,40 Metern Radstand reicht der Platz im Fond in der Theorie auch mal für drei Erwachsene und in der Praxis bequem für zumindest zwei Kids, selbst wenn die noch in den großen Kindersitzen fahren.

Und der Kofferraum fasst immerhin 210 bis 508 Liter. Wenn nur die Ladekante nicht so hoch und das Loch dahinter so tief wären, dann könnte man sich das Bodybuilding beim Wochenendeinkauf sparen.

Verpackt ist das Ganze in ein Design, das zwar freundlich daherkommt, aber angesichts des schmalen und hohen Aufbaus und der kleinen 15-Zoll-Rädchen auch ganz schön fragil wirkt. Und dass man bisweilen ein bisschen Schmunzeln muss, liegt weniger an den großen Glubschaugen und an der Stupsnase, sondern an der Vorstellung, dass so der nächste Smart forfour hätte aussehen können, wenn Mercedes neben der Marke auch die Design-Verantwortung nach China vergeben hätte.

Der Leapmotor T03 leistet 95 PS
Den Antrieb übernimmt eine 95 PS starke E-Maschine im Bug, die mit 158 Nm zu Werke geht. Das ist zwar wenig, aber mit seinen nicht einmal 1200 Kilo ist der T03 im Stadtverkehr wunderbar spritzig unterwegs und beim Ampelspurt immer vorne dabei.
Und der winzige Wendekreis lässt ihn noch flotter und leichtfüßiger wirken, als er ohnehin schon ist. Erst jenseits des Ortsschilds wird die Angelegenheit ein bisschen zäher, und bei 130 Sachen zieht ihm die Elektronik den Stecker.

Der Akku fasst 37,3 kWh
Gespeist wird das E-Auto aus einem Akku, der 37,3 kWh fasst und damit für 265 Kilometer reichen soll. Im Stadtzyklus verspricht Leapmotor sogar 395 Kilometer. Danach wird allerdings eher langsam geladen. Wechselstrom aktuell noch mit 6,6 kW, wobei die Chinesen da bald nachlegen wollen, Gleichstrom mit gerade mal 45 kW – da sind mittlerweile viele Plug-in-Hybriden schneller. Andererseits: Weil der Akku so klein ist, reicht trotzdem eine gute halbe Stunde für die ersten 50 Prozent.

Dacia Spring hat das Nachsehen
Zwar kann der T03 damit nicht ganz mit dem Citroën eC3 oder dem kommenden Renault 5 E-Tech konkurrieren, die in der Basisversion auf 44 oder 40 kWh und 362 oder 300 Kilometer kommen. Aber er setzt sich deutlich ab vom Dacia Spring, der sein erklärter Hauptkonkurrent ist. Der hat zehn kWh weniger, muss 40 Kilometer früher an die Steckdose und lädt selbst in der Top-Version noch langsamer.

Klar, für ein Stadtauto ist der T03 damit hinreichend motorisiert, und selbst wenn es am Ende im Alltag nur für 200 Kilometer reicht, will die in so einer – sorry – Hasenkiste ohnehin niemand ohne Pause fahren. Dafür sind die einteiligen Sitzelehnen zu dünn und zu wenig unterstützt, dem Fahrwerk fehlt es im Kampf gegen Bodenwellen, Kanaldeckel und Spurrillen an Finesse, und die Lenkung ist für die Langstrecke viel zu leichtgängig.

Doch während man beim Antrieb und vor allem beim Akku schon den Sparzwang spüren kann, überrascht Leapmotor mit einer Ausstattung, die wir uns bei manch teureren Kleinwagen kaum zu wünschen wagen würden – egal ob elektrisch oder konventionell.
Natürlich gibt es digitale Instrumente und daneben einen großen Touchscreen, Fenster, Spiegel und Türschlösser bewegen sich elektrisch, die Feststellbremse schließt auf Knopfdruck, nach oben blickt man durch ein Panorama-Dach und nach hinten durch die Rückfahrkamera. Und statt mit dem Schlüssel kann man das Auto auch mit dem Smartphone öffnen und starten.

Und das alles packen die Chinesen nicht in eine lange Aufpreisliste, sondern in die Serienausstattung. "Alles drin, alles dran", sagt Deutschlandchef Martin Resch und lässt der Kundschaft nur noch die Wahl zwischen drei Farben Weiß, Silber und Blau, die jedoch alle so hell sind, dass sie am Ende trotzdem fast gleich aussehen.

15. Marke der Stellantis-Familie
So eindrucksvoll der Leapmotor gemessen an seinem Kampfreis auch sein mag und so sehr die Kunden im Speziellen und vielleicht sogar die E-Mobilität im Allgemeinen davon profitieren mögen, hat der Start der Chinesen industriepolitisch einen faden Beigeschmack. Denn diesmal kommt die Konkurrenz nicht als Eroberer, sondern quasi auf Einladung – als 15. Marke in der großen Stellantis-Familie.

Denn während Familienoberhaupt Carlos Tavares lautstark wettert über die ungleichen Chancen in Ost und West, hat er ein Joint Venture mit Leapmotor ausgehandelt und sich den Feind so ins eigene Bett geholt.

Für die "eigenen" Elektroautos wie den neuen Fiat Grande Panda, den Citroën eC3 oder den neuen Opel Frontera Electric wird das Geschäft damit sicher nicht leichter – zumal Leapmotor es nicht bei einem Modell belassen will, sondern schon jetzt noch ein billiges E-SUV für die gehobene Kompaktklasse bringt und bis 2030 rund ein halbes Dutzend weiterer Autos in der Pipeline hat.

Und zumindest für den T03 müssen sie dabei nicht einmal die hohen Strafzölle fürchten, weil die Chinesen den Winzling neben dem Fiat 500 in Tichy in Polen zusammenschrauben.

Dafür allerdings dreht Tavares einmal mehr seinen ärgsten Konkurrenten VW, Renault und Hyundai/Kia eine lange Nase. Denn während die noch mit heißer Nadel an ihren elektrischen Basismodellen zu bürgerlichen Preisen unter 20.000 Euro stricken, sammelt er mit dem T03 schon reichlich Bestellungen für seinen neuen Volks-Wagen ein.

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