
Je höher man kommt, desto dünner wird die Luft. Das ist im Bergsport so und auch im Automobilbau. Auch dort entscheiden bisweilen wenige PS über die Spitzenplatzierung. Umso mehr dürften sie sich jetzt bei Ferrari ärgern.
Denn nachdem sich der Purosangue mit seinen 725 PS an die Spitze der SUV gesetzt hat, wird er nun vom neuen S-Modell des Aston Martin DBX entthront. Das hat zwar nur 20 PS mehr als die Grundversion, kommt so aber am Ende auf 727 PS und sichert sich die Krone unter den kolossalen Sportwagen. Wer nicht mit Hybrid dopt oder gleich voll elektrisch fährt, kommt an dem bulligen Briten nicht vorbei.
Natürlich machen 20 PS alleine keinen Unterschied, und bei einem Gesamtgewicht von rund 2,5 Tonnen wird auch keiner den knappen Zentner spüren, den Aston Martin mit einem Carbondach ohne Reling und den ersten Magnesium-Rädern im Segment einspart. Doch zusammen mit einer etwas strafferen Abstimmung und einem sportlicheren Touch für Karosserie und Kabine bekommt der DBX so durchaus einen neuen Charakterzug.
Während der bei AMG eingekaufte 4,0-Liter mit den neuen Ladern sein heißeres Lied von Lust und Leidenschaft hart an der Grenze des Gesetzes herausbrüllt und sich das Auto mit seinen 23-Zöllern förmlich im Asphalt verkrallt, reicht ein Schatten des kleinen Zehs auf dem Gaspedal, schon scheint sich die Straße unter dem DBX zu wellen, und der Koloss geht auf Kollisionskurs mit dem Horizont.
Aston Martin mit gewaltiger Performance
Mit dem Druck von 900 Nm walzt der Wagen wie ein englischer Mittelstürmer beim Endspiel im Wembley-Stadion voran und kennt kein Halten mehr: In 3,3 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100 und danach weiter, bis der Tacho 310 km/h zeigt. Das sind zwar die gleichen Eckdaten wie beim Grundmodell DBX 707, und die drei Zehntel, die der S bis 200 km/h dann doch spart, bekommt man im Rausch des Rasens kaum mit. Aber das Spektakel, das Drama und der Druck des Dickschiffs sind unerreicht.
Und obwohl der Wagen über zwei Tonnen wiegt und es bessere Räder für den Sport gibt als die gewaltigen 23-Zöller, fremdelt der feine Brite auch nicht mit engen Kehren. Im Gegenteil: Selbst ohne Hinterachslenkung dreht er willig ein, folgt stur dem Kurs und bleibt dabei so aufrecht, wie Stammkunde James Bond es auch nach einem halben Dutzend Wodka Martini wahrscheinlich noch ist.
Sound und Show
Egal ob auf der Geraden oder in der Kurve hängt er dabei willig am Gas, saugt gierig das hochoktanige Elixier automobiler Leidenschaft ein. Die neun Gänge der Automatik knallen ins Getriebe wie Handkantenschläge beim Karate, und spätestens mit offenen Schallklappen in den mächtigen Endrohren liefert der britische Stürmer-Star seinen Fanchor gleich noch mit.
Aber so brachial der Aston Martin auch sein mag, beherrscht er sogar den vornehmen Schaulauf. Die Sportsitze sind hinreichend bequem und der GT-Modus ist ausreichend nachsichtig, um damit auch ohne Chiropraktiker auf die Langstrecke zu gehen.
Ungewöhnliche Preisgestaltung
Ein bisschen stärker, ein bisschen straffer und ein bisschen vorlauter – während Aston Martin auf dem Weg zum S-Modell technisch und beim Design die üblichen Register gezogen hat, ist die Preisposition ebenso ungewöhnlich wie überraschend. Denn normalerweise lassen sich die Edel-Hersteller selbst kleine Eingriffe teuer bezahlen – doch bei den Briten gibt's den Nachschlag zum Nulltarif und der DBX S kostet mit 258.000 Euro auf den Cent genauso viel wie der DBX 707.
Erst wer das Carbondach mitbestellt und natürlich die in dieser Liga einzigartigen 23-Zöller aus Magnesium, wird dann doch entsprechend kräftig zur Kasse gebeten und zahlt runde zehn Prozent mehr. Aber auch da gilt, dass die Luft nach oben offenbar dünner wird – und den reichen Rasern irgendwann der Atem stockt.
Related News