Reine Intuition! Nur falls Sie sich fragen, was uns dazu verleitet, dem Jaguar F-Type das Siegel "Klassiker von morgen" aufzudrücken. Worauf diese Intuition beruht, lässt sich jedoch an drei Beispielen konkretisieren. Erstens die Optik: Mit seinen stämmigen Proportionen kommt der F-Type dem Ideal eines Sportwagens ziemlich nahe. Breit, flach und nicht allzu lang. Die Eleganz seines Urahnen, die Rede ist vom E-Type, erreicht der F-Type gewiss nicht. Trotzdem: Man kann sich an seinem Blechkleid kaum sattsehen. Etwa beim Tanken, während man hinten rechts am wuchtig ausgestellten Radhaus steht und die Blicke über das hinreißende Heck schweifen lässt. Erst das Klacken der Zapfpistole reißt den Bewunderer aus seinen Schwärmereien. Weiter geht es mit dem Sound. Das Klangspektrum des V6-Kompressors ist beeindruckend. Das Bassige überlässt der "kleine" F-Type zwar seinen großen Brüdern mit V8. Aber von heiser kehlig bis grell kreischend entkommen dem unverschämt teuren Endtopf allerlei faszinierende Töne, die den Insassen nachträglich unter die Haut gehen, sofern sie denn einen Sinn für derlei Klänge besitzen. Das sollten sie im F-Type aber in jedem Fall, denn ab einer gewissen Drehzahl wirkt die Fahrgastzelle quasi als Resonanzkörper. Mit anderen Worten: Es wird extrem laut.
Perfektion besitzt der Brite absolut nicht
Der F-Type ist also in optischer und akustischer Hinsicht ein großer Verführer. Doch für seine Perfektion wird er ganz bestimmt nicht geliebt. Und das bringt uns zum dritten Punkt, denn die besitzt der Brite schlicht und ergreifend nicht. Das beginnt bei der Verarbeitung. Bis zum ersten Facelift mutet die Gestaltung des Cockpits erschreckend lieblos an, die Materialqualität ist bescheiden. Muss man mit klarkommen, auch wenn man, wie im Fall des Vorbesitzers, über 80.000 Euro für das weiße R-Dynamic Coupé hingeblättert hat. Ebenso wenig perfekt: das Fahrverhalten. Der Lenkung fehlt es an Präzision, die Achtstufenautomatik könnte geschliffener und aufmerksamer arbeiten. Und wer es in sportlicher Hinsicht übertreibt, dem zeigt der F-Type schnell seine ungestüme Seite, etwa wenn er aus Kurven vorschnell und krawallig das Heck raushängen lässt. Macht Spaß, macht aber nicht wirklich schnell. Doch das ist einem F-Type-Besitzer in der Regel ziemlich wurscht. Die letzten Hundertstelsekunden auf der Rennstrecke jagen? Eher was für ehrgeizige BMW- und Porsche-Fahrer ...
Am F-Type wird gern herumgetunt
Die Sache hat auch einen Vorteil, nämlich für Interessenten gebrauchter F-Type: Über zu viele und übertrieben harte Nordschleifen-Einsätze müssen die sich eher wenig bis keine Gedanken machen. Allerdings wird am F-Type gern herumgetunt. Das weiß Paul Busby, CEO von Viezu Performance Tuning, zehn Kilometer südlich von Birmingham gelegen. Der F-Type ist seit der ersten Stunde sein Steckenpferd. Und viele seiner Kunden beschweren sich vornehmlich über den mauen Sound partikelgefilterter Auspuffanlagen (V6 und V8 ab Herbst 2018). Zu alter Stimmgewalt (und noch mehr) verhelfen diverse Sportabgasanlagen, eine der beliebtesten Tuningwaren für den F-Type. Abgesehen von ausfallenden Einspritzventilen beim V6 und fragilen Lagern bei den Eaton-Kompressoren hält Busby den F-Type für einen überaus soliden Sportwagen. Den fünf Liter großen V8 bezeichnet er gar als "bulletproof" (kugelsicher). Glauben wir gern, denn sein Urteil basiert auf Erfahrung, nicht auf Intuition.
Fazit: Am gebrauchten Jaguar F-Type gibt es wenig auszusetzen. Für ein V8-Modell sprechen der geringe Aufpreis und die solidere Technik. Mit einem V6 macht man aber auch nicht so viel verkehrt.
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