So sollen auch die angegebenen Verbrauchswerte deutlich realistischer werden. Damit müssen aber nicht nur die Hersteller neue Kataloge drucken, auch für die Autofahrer hat die Änderung konkrete Auswirkungen. Was man jetzt über Euro 6c, 6d-Temp, WLTP, RDE und ihre Folgen wissen muss: Antworten auf zehn Fragen.
Darum geht es:
Seit September erhalten neue Autos vom Kraftfahrt-Bundesamt nur noch dann eine Typgenehmigung, wenn sie den Abgasnormen 6c und 6d-TEMP entsprechen. Dabei sind die Grenzwerte gleich geblieben, es wird nur anders gemessen: Die Autos müssen das Einhalten der Emissionsgrenzen auf dem Rollenprüfstand statt nach dem NEFZ-Testzyklus nach der deutlich strengeren WLTP-Norm beweisen (Euro 6c). Darüber hinaus wird das Abgasverhalten nun auch auf der Straße geprüft, mit einer RDE-Messung (Euro 6d-TEMP). Dabei dürfen die Emissionen den Prüfstandgrenzwert zunächst noch übersteigen.
Wie unterscheiden sich Euro 6c und 6d-TEMP?
Beide Normen gelten seit 1. September 2017 für alle neuen Typzulassungen und ab 1. September 2018 dann für alle Neuwagen. Euro 6c übernimmt die Grenzwerte von Euro 6 (2014/15), sie müssen jetzt aber nach dem WLTP-Zyklus (Worldwide Harmonized Light-Duty Vehicles Test Procedure, siehe unten) bestimmt werden. Für Ottomotoren mit Direkteinspritzung gelten nun zudem die geringeren Werte für Rußpartikelausstoß, die seit Euro 6 bereits für Dieselmotoren galten. Immer mehr Autos mit Benzinmotor kommen daher jetzt - wie Diesel - mit Rußpartikelfilter auf den Markt.
Parallel gültig ist die Abgasnorm Euro 6d-TEMP, sie sieht eine zusätzliche Messung auf der Straße (RDE-Verfahren) vor. Die hier ermittelten Werte dürfen die im Labor abgeprüften übersteigen, aber nur um den Faktor 2,1: Die Emissionen dürfen also auf der Straße etwas mehr als doppelt so hoch sein. So liegt für Pkw mit Benzinmotor der Stickoxid-Grenzwert für die Prüfstandmessung bei 60 mg pro Kilometer, der RDE-Grenzwert hingegen bei 126 mg. Für Dieselfahrzeuge gelten die NOx-Grenzwerte 80 beziehungsweise 168 mg. Der sogenannte "Konformitätsfaktor" sinkt ab 2020 (Euro 6d) von 2,1 auf 1,5.
Warum gibt es überhaupt neue Tests?
Das bislang in Europa verwendete Verfahren NEFZ (Neuer Europäischer Fahrzyklus) war in den 90er-Jahren vorrangig für die Messung von Schadstoffemissionen als theoretische Messfahrt entwickelt worden. Dem aktuell üblichen Fahrverhalten auf der Straße wurde es überhaupt nicht gerecht. Dementsprechend klaffen die im Herstellerkatalog angegebenen Verbräuche und die tatsächlichen Erfahrungen der Autofahrer mit ihrem Wagen eklatant auseinander.
Wieso ist der WLTP-Test realistischer?
Dem WLTP-Testaufbau liegen reale Nutzungsdaten ganz normaler Autofahrer aus China, den USA, Indien oder Europa zugrunde. Im Unterschied zu NEFZ müssen neue Autos für die Typgenehmigung jetzt länger fahren (30 statt 20 Minuten), mit weniger Stillstand (13 Prozent statt 25 Prozent), bei höheren Geschwindigkeiten (im Schnitt 46 km/h, bis zu 131 km/h statt 34/120 km/h) und auch bei kälteren Temperaturen. Auch die Reichweiten-Angabe von E-Autos wird so deutlich realitätsnäher. Zudem muss der Einfluss zahlreicher Sonderausstattungen auf die CO2-Emissionen separat ermittelt werden. Sodass das Extra-Gewicht durchs Schiebedach oder der Mehrverbrauch durch breitere Reifen nun in die Werte einfließen. Im Konfigurator wird dann künftig der Mehrverbrauch mit Sonderausstattung angezeigt.
Und wie wird bei RDE gemessen?
Bei der "Real Drive Emission"-Messung wird geprüft, wie das reale Abgas-Emissionsverhalten auf der Straße ist. Dafür fährt ein Prüfer mit einem Fahrzeug, das mit dem Messsystem PEMS (Portable Emissions Measurement System) ausgerüstet ist - erkennbar an dem unübersehbar großen Heckkoffer. Es misst den Ausstoß verschiedener Abgaskomponenten. Das Auto wird zu verschiedenen Tageszeiten von verschiedenen Prüfer auf der gleichen Strecke gefahren, am Ende wird gemittelt. Zur Auswahl der Route gibt es genaue Vorgaben, was etwa Autobahnanteil, Geschwindigkeit und Geländeprofil angeht.
Wenn die RDE-Messung noch realistischer ist, warum gilt sie nicht ausschließlich?
Um Fahrzeuge verschiedener Hersteller miteinander vergleichen zu können, müssen die Verbrauchs- und Emissionsangaben unter objektiven und reproduzierbaren Messbedingungen entstanden sein. Weil Faktoren wie das Wetter oder der persönliche Fahrstil des Prüfers bei der RDE-Messung Einfluss nehmen könnten, kann sie nicht völlig vergleichbar sein.
Kann ich mich denn nun auf die angegebene Verbrauchsangabe verlassen?
Dass Herstellerangaben und tatsächlicher Verbrauch nicht übereinstimmen, wird auch mit WLTP noch passieren - vor allem, weil der persönliche Fahrstil großen Einfluss auf den Verbrauch hat. Wenn der Autofahrer also gern mal später bremst, die Gänge ausfährt oder stärker beschleunigt, als im Durchschnitt vorgesehen, liegt der Realverbrauch höher. Außerdem wird zwar Mehrgewicht durch Sonderausstattung berücksichtigt, die Klimaanlage im Test aber ausgeschaltet. Trotzdem werden die Norm-Werte dem wirklichen Verbrauch deutlich näher kommen.
Welche Folgen hat die neue Messung für mich als Autofahrer?
Weil sich in dem neuen Testverfahren der Verbrauch und damit die CO2-Emissionen erhöhen - Experten gehen von durchschnittlich 20 Prozent aus -, wird in Deutschland auch die nach dem CO2-Ausstoß bemessene Kfz-Steuer teurer, eine Anpassung ist nicht vorgesehen. Steigt der Verbrauch des gleichen Fahrzeugs nach Änderung der Norm um 10, 20 oder mehr Prozent, dann muss der Besitzer um genau so viel mehr Kfz-Steuer bezahlen. Das gilt nur für alle neu zugelassenen Fahrzeuge ab dem 1. September 2018, für bereits zugelassene Fahrzeuge bleibt alles beim Alten.
In Österreich hat WLTP für die Autokäufer vorerst keine finanziellen Folgen. Das Finanzministerium hat zugesichert, dass die Normverbrauchsabgabe bis Ende 2019 nach den NEFZ-Werten berechnet wird.
Wenn ich jetzt einen Neuwagen kaufe, finde ich die neuen Daten in den Info-Broschüren?
Nicht unbedingt, denn Verbraucherinformationen müssen noch nicht zwingend umgestellt werden. Damit in der Übergangsphase von einem zum anderen Testverfahren trotzdem Fahrzeuge aller Hersteller miteinander verglichen werden können, empfiehlt die Europäische Kommission eine einheitliche Umstellung der Informationen zum 1. Jänner 2019. Hersteller haben jedoch die Möglichkeit, bereits vorher die WLTP-basierten Werte zusätzlich zu veröffentlichen.
Und wie ist das mit den Flotten-Grenzwerten für CO2-Emissionen?
Die EU hat bereits Flottenziele - also Durchschnitts-Grenzwerte, die die Modellpalette eines Herstellers nicht überschreiten darf - für den Ausstoß von CO2 bis 2020 definiert: maximal 95 Gramm CO2 pro Kilometer. Weil sich dieser Wert auf den NEFZ-bezieht und sich durch den strengeren WLTP-Test die nominalen Emissionen erhöhen, müssen die Werte künftig umgerechnet werden. Die im WLTP ermittelten Emissionen werden mithilfe einer Software zurückgerechnet, als wären sie NEFZ-Werte.
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