Die Coronavirus-Krise hat nicht nur im heimischen Autohandel - siehe Verkaufszahlen von April (-65%) und MĂ€rz (-67%) - fĂŒr einen immensen RĂŒckgang gesorgt, sondern dem gesamten europĂ€ischen Automarkt auf einen historischen Tiefpunkt gebracht. Im April kamen in der EU 270.682 Neuwagen auf die StraĂen, das waren um 76 Prozent weniger als ein Jahr zuvor, wie der europĂ€ische Herstellerverband ACEA am Dienstag in BrĂŒssel mitteilte. Dies sei der stĂ€rkste monatliche RĂŒckgang seit Beginn der Aufzeichnungen. Im MĂ€rz lag das EU-weite Minus bei 55 Prozent .
Kompletter Lockdown
Grund war der fast vollstĂ€ndige Stillstand sowohl der Autoproduktion als auch des Autohandels zur EindĂ€mmung der Pandemie. Im Mai dĂŒrfte sich die Lage etwas entspannen, da die meisten LĂ€nder die erlassenen BeschrĂ€nkungen lockern. Branchenvertreter und Berater halten ein Konjunkturprogramm fĂŒr notwendig, um die Nachfrage wieder anzukurbeln.
Am stĂ€rksten sank der Absatz im April in den vom Coronavirus besonders stark getroffenen LĂ€ndern SĂŒdeuropas. In Italien und Spanien brachen die NeuwagenverkĂ€ufe um rund 97 Prozent ein. In Skandinavien dagegen, wo die EinschrĂ€nkungen des öffentlichen Lebens weniger stark waren, sank der Absatz lediglich um etwa ein Drittel. In Deutschland schrumpfte er um fast zwei Drittel. In Ăsterreich waren die AutoverkĂ€ufe im April laut Statistik Austria ebenfalls um knapp zwei Drittel niedriger als vor einem Jahr.
Keine rasche Erholung
Die Lockerungen in vielen LĂ€ndern werden sich nach Meinung von Experten allerdings noch nicht in höheren Verkaufszahlen niederschlagen. "Dass nun die AutohĂ€user in vielen LĂ€ndern wieder geöffnet haben, hat einen gewissen stabilisierenden Effekt", sagt Peter FuĂ von der Unternehmensberatung EY. "Es fĂŒhrt aber nicht dazu, dass die Kunden wieder in Scharen in die Showrooms strömen". Viele Menschen machten sich Sorgen um ihren Job oder seien bereits arbeitslos. Auch bei den gewerblichen Zulassungen rechnet FuĂ weiter mit starken EinbuĂen, da die UmsatzrĂŒckgĂ€nge viele Firmen zum Sparen zwingen.
Angesichts des schlechten Konsumklimas sei eine rasche Entscheidung ĂŒber ein Konjunkturprogramm nötig, forderte FuĂ. Seiner Ansicht nach sollte es eine KaufprĂ€mie geben, um den Autoabsatz anzukurbeln. Diese Forderung, die auch von der Branche selbst vertreten wird, ist umstritten. Kritiker glauben, dass der Effekt - wie bei der VerschrottungsprĂ€mie unmittelbar nach der Finanzkrise - verpuffen und die Probleme lediglich ins nĂ€chste Jahr verschieben wĂŒrde, da ohnehin geplante AutokĂ€ufe vorgezogen wĂŒrden. Die aktuelle Diskussion ĂŒber eine KaufprĂ€mie fĂŒhrt zudem dazu, dass potenzielle KĂ€ufer abwarten.
Auch E-Autos wird es treffen
Bei den Elektroautos, deren Zulassungen dank staatlicher Hilfen in vielen LĂ€ndern auch in der Coronakrise stiegen , dĂŒrfte der Boom ausgebremst werden, schĂ€tzt FuĂ. "In diesem Segment sind es allerdings derzeit in erster Linie die Produktionsunterbrechungen und daraus resultierende LieferengpĂ€sse, die die Neuzulassungen bremsen." FĂŒr viele E-Modelle liege noch eine hohe Zahl an Bestellungen vor. Mittelfristig werde sich die Konjunkturkrise aber auch auf die Orders fĂŒr Elektroautos niederschlagen, aber voraussichtlich weniger stark als bei Volumenmodellen.
FuĂ geht davon aus, dass die Krise der Automobilindustrie und ihren vielen Lieferanten lĂ€nger zusetzen wird: "Die Branche wird mittelfristig mit massiven ĂberkapazitĂ€ten umgehen mĂŒssen, denn auch im kommenden Jahr werden wir noch mit den konjunkturellen Nachwehen der Krise kĂ€mpfen - selbst wenn die Pandemie dann vorĂŒber sein sollte."
Globales Problem
Weltweit fĂ€llt der Autoabsatz derzeit rasant. In den USA, wo die Viruskrise gerade ihre volle Wucht entfaltet, sanken die VerkĂ€ufe im April um 47 Prozent. Nach Angaben des deutschen Verbandes der Automobilindustrie gingen die VerkĂ€ufe von Personenwagen dort stĂ€rker zurĂŒck als bei leichten Nutzfahrzeugen, zu denen die in Amerika beliebten Pick-ups gehören. In Brasilien, wo das Virus ebenfalls grassiert, brach der Absatz um 77 Prozent ein. Einziger Lichtblick ist China, wo sich der Pkw-Markt nach der Coronakrise inzwischen erholt.
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