Doch das Donnergrollen kam zum Glück nicht vom Himmel, sondern vom größten Boxermotor, der je in einem Serienmotorrad eingebaut wurde. Die R18 ist ein monumentales Bike geworden - und die Neugierde war größer als die Abneigung gegen nasse Kälte.
Vor allem die offene, glänzende Kardanwelle ist ein Gedicht. Die ganze Optik orientiert sich an der BMW R5 aus dem Jahr 1935, doch die R18 ist im Vergleich ein Berg von einem Motorrad. Groß und mächtig, und, ja, auch schicksalsträchtig, denn mit ihr steigt BMW in ein Segment ein, das weltweit pro Jahr mehr als eine Viertelmillion Bikes umfasst. Von dem Kuchen wollen sie ein großes Stück abhaben.
Ein großer Wurf
Nach dem ersten Ausflug muss man sagen: Alles andere als ein unmittelbarer Erfolg wäre eine Riesenüberraschung. Das ganze Bike ist tatsächlich einzigartig. Der 1802 ccm große Motor ist nicht nur optisch faszinierend, sondern auch charakterstark im Umgang. Er läuft geschmeidig, nimmt ohne zu mucken schon knapp über der Leerlaufdrehzahl von ungefähr 1000/min. brav Gas an und drückt sofort mächtig nach vorn. Zwischen 2000 und 4000 Touren liegen immer mindestens 150 Nm Drehmoment an, den Peak erreicht der Big Boxer mit 158 Nm bei 3000 Umdrehungen pro Minute. Die Maximalleistung beträgt 91 PS.
Fahrmodus greift in den Motor ein
Ungewöhnlich sind die Fahrmodi namens Rain, Roll und Rock, aber nicht wegen der Bezeichnungen, sondern weil der Rock-Modus nicht nur wie üblich die Gaskennlinie steiler gestaltet bzw. sich auf die Drosselklappensteuerung auswirkt, sondern auch in den Zündwinkel im Motor eingreift. Dadurch wird der Leerlauf noch charakterstärker und wilder. Überhaupt ist der Rock-Modus der für die wildere Fahrt.
Ganz wilden Kurvenfahrten setzt natürlich das Cruiser-Konzept eine Grenze, aber man setzt trotzdem nicht ständig auf, wenn man es nicht drauf anlegt.
„Feet forward" geht (eigentlich) nicht
Die Sitzposition hat bereits Kritik ausgelöst, weil man die Beine nicht nach vorn strecken kann. Mich stört das nicht, ich überlasse den Platz liebend gern den Zylindern. Aber: Ich bin trotzdem nicht ganz zufrieden, weil mir auf Dauer die hintere Kante des Sattels aufs Steißbein drückt.
Insgesamt geht der Komfort sehr in Ordnung. Auch wenn das Ganze nach Starrrahmen ausschaut - wie beim Vorbild BMW R5 - ist hinten natürlich eine Schwinge montiert. Samt einstellbarer Feder und wegabhängig arbeitendem Dämpfer.
Auf das große Elektronikprogamm verzichtet BMW, aber es gibt Keyless Ride und natürlich ABS und eine normale Traktionskontrolle. Beides funktioniert angenehm feinfühlig. Und auch die Motor-Schleppmoment-Regelung ist serienmäßig. Wie auch die LED-Beleuchtung, optional kann man Kurvenlicht dazubestellen.
Als Extra kann man auch eine Rückfahrhilfe ordern, die per Hebel links seitlich aktiviert wird. Die feinen weißen Linien, die man hier überall auf den Fotos sieht, gehören zur First Edition.
Top-Basis fürs Customizing
Obwohl die R18 so einzigartig ist und anders als klassische Cruiser-Maschinen, hat BMW durchaus auch Harley-Davidson-Kunden im Visier. In den USA wird das Münchner Motorrad sogar u.a. von Harley-Händlern verkauft. Gerade Harleys werden besonders häufig umgebaut, customized. Und genau darauf setzt BMW.
Die R18 ist an vielen Stellen darauf hingetrimmt, dass sie sich leicht customizen lässt. Viele Maße entsprechen denen, die auf Harleys verwendet werden. Etwa der Lenkerdurchmesser (ein Zoll), der Abstand zwischen den Risern, die den Lenker halten (90 mm) oder die Bohrungen, mit denen Bremsscheiben und -sättel verschraubt werden. Dadurch müssen keine Teile eigens für BMW entworfen werden, sondern es können einfach Teile drangebaut werden, die ursprünglich für Harleys gedacht waren.
Verwandte Nachrichten